Posts Tagged ‘dazu fällt mir nichts mehr ein…

25
Okt
20

Erste Erfahrungen

Seit dem 4. September hat unsere Tante Miksgen eine haushälterische Begleitung aus Polen. Die erste neue Mitbewohnerin war nun sechs Wochen bei ihr.
Dorota kam in einem Kleinbus angereist, von Stettin nach Höxter. Mit einer fröhlichen Runde von vier weiteren Damen wirkte sie erst noch entspannt, dann, als der Transporter um die nächste Ecke verschwand, brach die Panik durch. Eine zierliche Frau, die kaum größer als ihr Koffer war, versuchte selbigen ins Haus zu ziehen, was uns dann zu zweit gelang.
Wir hatten ein Zimmer im Obergeschoss schön hergerichtet, Blumen auf den Tisch gestellt, einen Teil der Schränke für die Kleidung ausgeräumt, eine Leselampe am Bett installiert und selbiges frisch bezogen. Das Bad nebenan hatten wir ebenfalls etwas umdekoriert, neue Duschvorhänge, Badvorleger und so einiges mehr.
Dorota freute sich sichtlich und zog das Handy mit dem Übersetzungsprogramm von Tante Gugl hervor. Außer ein paar Bröckchen sprach sie kaum Deutsch, so dass wir auch für unsere Tante die Übersetzungs-App auf dem Pad installieren mussten. Gut, dass sie ein technikaffines Tantchen ist! Dennoch dauerte es eine Weile, bis sie sich eingearbeitet hatte. Und sie vermisst sehr, dass sie sich nicht spontan unterhalten kann. Meine Schwester und ich hofften, durch die neue Mitbewohnerin den Faktor „Einsamkeit“ reduzieren zu können, was sich aber nach kurzer Zeit als getrogene Hoffnung herausstellte. Die Aufgaben für die Haushaltshilfe waren mehr als übersichtlich, eine 40-Stunden-Woche konnten wir garantieren, inklusive Siesta-Zeit und Feierabend nach dem Abenbrot. Pflegerische Hilfe ist bei unserer Tante derzeit nicht notwendig. Ich habe das Wochenende damit verbracht, Dorota in alles einzuführen, im Haus und im Städtchen, Einkaufsmöglichkeiten gezeigt und wo es zum Hausarzt geht. Anders als von der Agentur zugesagt, weigerte sich Dorota allerdings, Auto zu fahren, obwohl ein Führerschein vorhanden war. Fahrradfahren war auch nicht so ihres. Also erledigte sie die Einkäufe zu Fuß, Größeres mussten meine Schwester und ich besorgen, wenn wir da waren.
Die Fähigkeiten Dorotas, Schmackhaftes auf den Mittagstisch zu bringen, um unserer Tante Miksgen das Essen etwas näher zu bringen, trogen leider auch. Möhrensalat ist zwar gesund, aber als Beilage etwa vier Mal in der Woche trug nicht zur Zufriedenheit der zu Bekochenden bei. Ansonsten wurde ein großer Bogen um frisches Gemüse gemacht, so dass die Qualität der zubereiteten Speisen selbst uns von ferne im wahrsten Sinne des Wortes „nicht schmeckte“. So sind meine Schwester und ich – bis auf Ausnahmen – wechselweise weiterhin jedes Wochenende in Höxter, um etwas gegenzusteuern. Und natürlich haben wir am Wochenende für die Verpflegung gesorgt, natürlich nicht nur für die Tante und uns, sondern selbstverständlich auch für Dorota, die sich nach den Mahlzeiten sofort auf ihr Zimmer zurückziehen und uns auch noch das Aufräumen überlassen wollte. Leider musste sie dann doch helfen….
Die Krisensituation innerhalb dieser Zeit konnte sie gar nicht meistern: unsere Tante klagte über Schmerzen in der Brust und wollte nicht aufstehen. Dorota schrieb mir eine Nachricht (auf polnisch) über einen Messengerdienst. Ich antwortet dank Übersetzungsprogramm auf polnisch, sie rief an und gab den Hörer an die Putzfrau weiter. Beide Damen waren sichtlich aufgeregt und kaum zu beruhigen. Der Bitte, meine Tante ans Telefon zu holen, kamen sie nicht nach. Und immer wieder: „Sie hat Schmerzen…“ Was sollte ich machen? Die beiden Damen waren nicht in der Lage, die „112“ und damit die Rettung zu verständigen, was ich dann nach zwei weiteren Telefonaten mit den beiden aus knapp 400km Entfernung gemacht habt. Die Rettung war schnell da und nahm unsere Tante aufgrund ihrer Vorerkrankung kurzerhand mit. Die Bitte an die Putzfrau, den bereits gepackten Koffer mitsamt der Hörgeräte und dem iPad, die für die Kommunikation so unglaublich wichtig sind, unverzüglich dem Krankenwagen hinterher zu bringen, kam sie gar nicht nach. Erst gegen Abend brachte sie den Koffer an die Krankenhauspforte und unsere Tante hatte kurz vor Mittag am Folgetag endlich ihre Sachen, trotz meiner fernmündlichen Bitten. Immerhin konnte ich mit dem behandelnden Arzt sprechen, immerhin hatte mein Anruf beim Hausarzt bewirkt, dass der an der medizinischen Versorgung der Tante beteiligte Arzt aus dem Krankenhaus schnell über wichtige Infos verfügen konnte.
Das dicke Ende kam dann wirklich zum Ende: als Dorota zurück in den Kleintransporter nach Stettin stieg, gingen meine Schwester und ich durch Zimmer und Bad und mussten zu unserem Entsetzen eine für sechs Wochen sehr lange Liste an Schäden verkraften. Die Agentur bietet 50 € Schadensregulierung für einen kaputten Toilettendeckel, einen durch verschüttetes und nicht weggewischtes Hochprozentiges ruinierte Tischplatte, ein verklebtes Sofa und eine aus der Verankerung gerissene Leselampe über dem Bett. Es kann passieren, dass Dinge zu Bruch gehen, aber als erwachsene Frau sagt man dann auch etwas, entschuldigt sich eventuell noch. Wir haben für das nächste Mal gelernt und gehen vor Abreise durch Zimmer und Bad.
Unsere Tante war erleichtert, als die Zeit mit Dorota zuende war, uns tut es unendlich leid, dass wir im Moment nicht mehr für sie tun können. Es ist anstrengend, diese Kümmerei aus der Ferne, was wir beide ja nicht tun würden, wenn wir beide „unser Miksgen“ nicht so lieb hätten.

 

31
Okt
11

Ungemach steht ins Haus 5

Interessanterweise lag in unserem Briefkasten ein Umschlag mit einem Erhebungsbogen des Bezirksamtes Friedrichshain-Kreuzberg. In der Papiersammelbox unterhalb der Briefkästen liegen bestimmt 10 dieser Umschläge, für die die Adressaten offenbar keine Verwendung hatten. Ich nehme unseren mit nach oben.

Im Begleitschreiben teilt uns unser Bürgermeister mit, dass in regelmäßigen Abständen der Milieuschutz um den Boxhagener Platz überprüft werden müsse. Somit bräuchte man eine Datenbasis, um die Voraussetzungen und die Wirkungsweise der Verordnung zu überprüfen. Man habe das Büruo ASUM beauftragt, diese Befragung durchzuführen. Diesem Schreiben liegt ein achtseitiger Fragebogen bei, den man doch bitte ausfüllen und im bezahlten Rückumschlag zurück senden solle.

Brav füllte ich den Bogen aus und steckte ihn in den Umschlag. Dann entdeckte ich, dass auf der Rückseite des Anschreibens des Bürgermeisters noch eines der beauftragten ASUM zu lesen ist, mit Angabe einer Telefonnummer samt Ansprechpartnerin. Ich griff nach dem Telefon und wählte die Nummer. Als ich meine Fragen stellte, wurde ich rasch weiter vermittelt und hatte ein längeres Gespräch mit einer Kollegin, die im Laufe desselben zugeben musste, dass der Milieuschutz ein eher „stumpfes Schwert“ sei und dass man ihn wohl demnächst sowieso aufheben werde, weil man von politischer Seite sowieso keine Handhabe habe und die betroffenen Mieter sich selber mit Hilfe der Gerichte darum kümmern müssten, um erfolgreich zu sein. Immerhin, eine ehrliche Antwort! Ob ich die angebotene Rechtsberatung in Anspruch nehmen wolle? Muss ich mal überlegen, hilfreich erscheint sie mir zum jetzigen Zeitpunkt, wo die Messen offensichtlich gesungen sind, nicht mehr.

12
Mai
11

Ungemach steht ins Haus

Mein Gefühl des Tages: Es steht Ungemach in Haus!

Letzte Woche lag ein Brief des Vermieters im Briefkasten. Normalerweise liegt zu dieser Jahreszeit die Nebenkostenabrechnung darin, auch nicht unbedingt ein Quell ewiger Freuden, dieses Mal aber wird es unangenehmer: Er schickt jemanden vorbei, der sich den Bauzustand 15 Wohnungen in Vorderhaus und Restseitenflügel anschauen will. Warum, das stand natürlich nicht im Brief. Aber da funktioniert doch das gute alte Buschtelefon hier im Haus, so dass ich von einer Nachbarin, die den Hausmeister getroffen hatte, gleich Gewissheit bekam: wir kriegen was auf’s Dach! Nein, keine Solaranlage oder Satellitenschüssel, es darf schon ein bisschen mehr sein. Unser Dachgeschoss wird ausgebaut und nicht nur das! Das seit dem 2. Weltkrieg fehlende Hinterhaus und der Rest vom Restseitenflügel werden wieder hochgezogen, kaum 66 Jahre nachdem der Schutt abtransportiert wurde.

So stand dann heute der zukünftige Bauleiter bei uns in der Wohnung, und erzählte uns nun aus erster Hand von den Plänen unseres Vermieters, der natürlich nicht nur unser Haus sein eigen nennt. Zum Jahresende müssen ja in Berlin die Dachböden gedämmt werden und nun wolle man die Chance nutzen, Kredite seien auch noch günstig und überhaup sei Berlin ja auch für Anleger interessant… MOMENT! Halt! Nun mal Butter bei die Fische! Es wird nicht nur ein Jahr lang hier rumgebaut, unser grüner Hinterhof, der eine Oase der Ruhe im quirlig-touristen Friedrichshain ist, wird zugunsten der Baustelleneinrichtung und dann eines Minirasens verschwinden und nun noch was? Ja, unser Haus wird in einzelne Einheiten aufgeteilt, die getrennt vermarktet werden können, schließlich sei ja Berlin die billigste Hauptstadt Europas. Zunächst wollte ich mit einem „preisgünstig“ verbessern, überlegte es mir anders, denn er hat irgendwie recht.

Das Viertel, der Simon-Dach-Kiez verändert sich rasend schnell. Im Moment scheint hier auch der Trend der Prenzlauer-Bergisierung hier einzusetzen. Noch ziehen die betrunkenen Jung-Touristen aus GB, Italien, Spanien und vermehrt auch Frankreich und Skandinavien durch die Kneipen, aber schon hört man von Investoren aus denselben Ländern, die hier Wohnungen für die eigenen Wochenendtrips nach Börlin kaufen. Rumors? No. Nun denn, jetzt trifft’s eben auch mich.

Der Bauleiter sagt, dass der Vermieter (zukünftig: der Verkäufer) zunächst natürlich die Wohnungen den jetztigen Mietern zum Kauf anbieten wolle, aber natürlich sei das Interesse daran, besonders an den Wohnungen hier in der oberen Haushälfte groß bei Investoren aus dem ganzen Bundesgebiet. Man könne ja mal im Internet schauen, für etwa 1900 € pro Quadratmeter sei das der ortsübliche Preis. Natürlich… schon klar… wie sind nun die Perspektiven? Ein Jahr Baulärm und -dreck? Der Einbau einer Zentralheizung, die ich nicht will, wo ich gerade meinen Gasanbieter gewechselt habe? Einen Aufzug vor dem Treppenhaus, so von draußen, dass der Garten noch kleiner wird? Achso, wir haben dann ja keinen mehr, aber wo wollen die denn den Aufzug hinbauen, wenn das Treppenhaus doch genau über dem Zugang zu Hinterhaus u Restgarten ist? Fragen über Fragen, allesamt von dräuendem Ungemach!

Jetzt gehe ich erstmal ans Plattenregal und suche die „Rebelsongs“-CD von Chumbawamba!

Ach, übrigens soll das Nachbarhaus auch einer tiefgreifenden Modernisierung ausgesetzt werden, das wo die Hemden im Fenstern hingen.

01
Mai
11

Gruselfaktor moderner Reliquienkult

Heute ist hat der derzeit amtierende Papst Benedikt XVI. seinen Amtsvorgänger Johannes Paul II. selig gesprochen, ihn sozusagen auf den Weg zum Heiligen der katholischen Kirche gebracht. Als katholisch erzogene Ostwestfälin fühle ich mich wirklich befremdet von dieser sehr altertümlich wirkenden Zeremonie, die gerade sechs Jahre nach dem Tod des letzten Papstes vollzogen wurde. Wichtig für die Selig- und später für die Heiligsprechung ist der Nachweis von Wundern. Wobei aus meiner inzwischen eher naturwissenschaftlich geprägten Sicht der Dinge das bislang einzig dafür in Anspruch genommene Wunder nicht besonders überzeugend wirkt. Eine an Parkinson erkrankte Nonne erfuhr angeblich eine Spontanheilung, die sie den Gebeten zum verstorbenen Papst zu verdanken glaubt. Glaube, das ist natürlich das Zauberwort und das möchte ich ihr ja nicht einmal absprechen.

Richtig gruselig wird es aber nun, wenn ich höre/lese, dass es bereits eine Reliquie gibt, die verehrt wird: Blut in einer Ampulle, die, so war es in der Tagesschau zu sehen, in ein pompöses silbergefasstes Gefäß mit Glaseinsatz gezeigt wird. Puh, Leute, wird sind zwar einiges gewohnt, natürlich auch Reliquien, die angeblich Blut von Heiligen, die seit hunderten Jahren verstorben oder unter meist gräßlichen Umständen zu Tode kamen.Andere Reliquien sind winzige Knochenstücke, die auch heute noch in der katholischen Kirche weiter an neue Kirchengründungen von vorhandenen Reliquien „abgezweigt“ werden. Für Gegenden, die in der Karolingerzeit großräumig missioniert wurde, kam es sogar vor, dass ganze Skelette als Reliquien herantransportiert wurden, beispielsweise Liborius als zukünftiger Bistumsheiliger von Paderborn oder Vitus als Patron des Reichsklosters Corvey. Beide kamen 836 aus Nordfrankreich als Lieferungen, wobei Vitus oder was von ihm übrig war irgendwo bei Soest warten musste, bis der wichtigere zukünftige Bistumsheilige durchgezogen war, als Skelett versteht sich. Er sollte schließlich zuerst ankommen!

Oftmals enthalten mittelalterliche Reliquiensammlungen gerne auch Tierknochen, sofern sie überhaupt anthropologisch resp. archäozoologisch bestimmt werden, schließlich blühte ja der Handel mit den angeblich heiligen Gegenständen seit dem Mittelalter heftigst. Auch dagegen hatten die Kirchenreformer an der Wende zur Neuzeit mit Recht so einiges auszusetzen!

Aber diese Anbetung von Blut eines vor sechs Jahre verstorbenen Kirchenfürsten ruft bei mir nur Unverständnis und Befremden hervor. Wann wurde ihm das Blut abgenommen? War es eine Blutkonserve? Nach dem Tod ist irgendwie schwierig. Fragen, die ich mir stelle und die ich gerne beantwortet bekäme.

Und da stellt sich die katholische Kirche gegen andere Religionen, die so heidnisch sind? Ehrlich, das hat einen ziemlichen Beigeschmack… bloody hell!

Die Blutreliquie wird aufgestellt (Foto: dapd über tagesschau.de)

Die Blutreliquie wird aufgestellt (Foto: dapd über tagesschau.de)

20
Aug
10

Haustürgeschichten

Lange liegt mir diese Geschichte schon irgendwo auf dem Schreibtisch meines Hinterkopfes herum, mehrmals habe ich hier schon angefangen, sie aufzuschreiben, bin aber nie zum Ende gekommen. Am Freitag war ich zum Essen eingeladen, gegessen wurde koscher im Gabriel’s im jüdischen Gemeindehaus in der Fasanenstraße. Der Gastgeber entschuldigte sich zwar immer wieder für das Essen, welches aber gar nicht unschmackhaft war, dennoch waren das Interessanteste die Tischgespräche.
Und so kam diese uckermärkische Impression der anderen Art wieder an die Oberfläche.
Als ich im Herbst 2008 relativ unvermittelt in der Uckermark zu tun hatte, brauchte ich für die Dauer meines Aufenthaltes natürlich auch eine Übernachtungsmöglichkeit. Dummerweise hatte Brandenburg gerade Herbstferien, keine der bekannten Unterkünfte hatte noch ein Bett für mich frei.
Eine Mitarbeiterin gab mir den Tip, es bei einem der Höfe in Dreesch zu versuchen, dort hätten Kollegen auch schon einmal eine Bleibe gefunden, als unsere sonstigen Pensionen belegt waren.
Als ich an den Gartenzaun trat und auf die Klingel blickte, musste ich erst einmal lächeln, denn der Name verhieß mir deutlich, dass hier Westfalen wohnten, „…kötter“ lässt seine geografische Herkunft unschwer verleugnen. Ich trat durch den Vorgarten an die Haustür und klingelte.
Und klingelte noch einmal, da niemand die Tür öffnete, es war schließlich ein großes Haus, vielleicht hatte man mich nicht gehört. Als ich mich gerade schon zum Gehen umdrehen wollte, wurde die Tür doch noch geöffnet. Ein älterer Herr Anfang siebzig musterte mich. Ich sagte mein Sprüchlein auf, dass ich eine Unterkunft von Montag bis Freitag suche, und dass ich den Tip bekommen hätte, dass sie auch vermieteten. Plötzlich fing er an zu weinen. Ich stand da, wie vom Donner gerührt und war mir keiner Schuld bewusst. Dann sagte er, dass seine Frau im Krankenhaus sei. Ich fragte, ob es denn etwas Schlimmes sei. Er schneuzte sich die Nase in ein großes kariertes Taschentuch und meinte, nein, sie wäre zur Beobachtung da, weil sie Kreislaufprobleme habe. Aber er, er fing wieder an zu weinen, er sei ganz alleine und müsse sich um alles alleine kümmern. Mein Mitleid wandelte sich in abwartendes Schweigen, schließlich weinte er ja nicht, weil seine Frau krank war, sondern eher Mitleid heischend um sich selber. Schließlich sagte ich, dass ich ihn dann nicht länger stören wolle. Er fiel mir ins Wort und meinte, dass ich trotzdem das Zimmer haben könne, ich müsse mir aber das Bett selber beziehen und es wäre schön, wenn ich auch das Frühstück bereiten könne, er würde dann auch mit mir frühstücken. Nun ist es nicht meine Art, fremden Herren das Frühstück zu bereiten und langsam beschlich mich das Gefühl, dass er eine Putzfrau suchte. Ich bedankte mich artig und wollte gehen, da begann er unvermittelt, mir sein Leben zu erzählen, dass seine Frau die zweite sei, von der ersten sei er geschieden, er berichtete mir von der LPG, der er vorgestanden habe, welche Straße erst auf seine Initiative gebaut worden sei und überhaupt. Mir war schon sehr unbehaglich ob dieser vielen Geschichten, die ich eigentlich nicht hören wollte, aber ich wollte ihn auch nicht so da in der Tür stehen lassen, meine anerzogene Hemmschwelle ließ mich verharren.
Dann holte er noch weiter aus und erzählte, dass seine Eltern 1937 aus der Nähe von Unna in die Uckermark gezogen wären, denn in Westfalen hatten sie als Landarbeiter kein eigenes Land besessen, erst mit der inneren Aufsiedlung inklusive Landzuteilung durch den „Reichsnährstand“ in der 2. Hälfte der 1930er Jahre wurden sie zu Herren auf eigener Scholle.
Nun wurde mir auch klar, warum das kleine Dorf so gleichartige Höfe mit diesen großen dunklen Holzscheunen hatte: es handelte sich um eine planmäßige Ansiedlung, wie sie zur Steigerung der landwirtschaftlichen Produktion durch die nationalsozialistische Agrarpolitik durchgeführt wurden.
Der Mann an der Tür erzählte mir, dass er als vierjähriger Junge mit seinen Eltern in die Uckermark gezogen sei. Im Dorf wohnten Neubauern aus allen Ecken Deutschlands, Schwaben, Niedersachsen, Hessen. Und die neuen Hofbesitzer bekamen auch gleich Hilfskräfte aus Polen, der Ukraine, aus Frankreich und Belgien, wie er mir erzählte. Das Wort „Zwansgarbeiter“ war nur in meinem Kopf. Und er erzählte auch ganz stolz, dass er als Kind sogar ein paar Brocken polnisch gesprochen habe. Heutzutage würde man ja auch wieder nach Polen zum Einkaufen fahren. Und dann kam der Moment, als ich mich umdrehte und grußlos ging: „Heutzutage,“ sagte er eifrig, „heutzutage würde ich auch, wenn meine Frau nicht mehr ist, einer Polin die Hand reichen. Sie sind gar so nicht dreckig, wie man immer sagt.“
Mir war ziemlich schlecht, als ich fast vom Hof lief. So sieht er also aus, der nette Rechtsradikale von nebenan: ein freundlicher älterer Herr, der einem die Haustür öffnet.

18
Jul
10

Datenkraken oder Facebook sucks

Aus aktuellem Anlass muss einmal mehr über das soziale Netzwerk No. 1 klagen:

heute morgen besuchte ich das Postfach, in welchem alle Nachrichten eingehen sollen, die nicht direkt mit meinem „seriösen“, das mit meinem Klarnamen verbunden ist, eintrullern sollen. Und einmal mehr finde ich eine Nachricht von Facebook vor. Bislang haben mich irgendwelche Nikkis oder Moniques eingeladen, diese Nachrichten sind sofort im „Spam“-Ordner gelandet. Heute allerdings habe ich mit großem Ärger eine Nachricht vorgefunden, die aus dem Facebook-Account einer Freundin maschinell gezaubert wurde.

Tja, so wurde erst einmal ihr Adressbuch ausgelesen, dann das Ergebnis durch eine facebookinterne Suchmaschine geschoben, mit Milliarden Daten anderer Nutzer verglichen und *schwuppdich* haben sie noch zwei weitere Nutzer gefunden, in deren Adressbuch oder in deren MSN-Dateien meine Adresse gespeichert ist… Die beiden anderen Nutzer kenne ich, einer ist ein wunderbarer ex-qyp*-Schreiber, der andere ist mein Quasi-Neffe aus Frankreich, mit dem ich gelegentlich über msn tickere.

Datenkrake ängstigt mich: ".... von dir ist bestimmt auch eins dabei.."

Natürlich hinterlasse ich als Richensa selber im Netz meine Datenspur, über deren Breite anfangs nicht besonders scharf nachgedacht wurde. Allerdings habe ich immer meinen Nick deutlich von meinem Klarnamen getrennt gehalten, von Anfang an, seit ich im Netz unterwegs bin. Leider wird es nun auf diese Weise möglich sein, dass die Datenkraken meine Identitäten relativ einfach durch das Durchsuchen der Adressbücher ihrer Mitglieder verbinden können.

So werde ich offensichtlich auch von Facebook ausspioniert, ohne dass ich selber Mitglied bin, ohne dass ich jemals ihren AGBs zugestimmt habe. Schöne Schei*e!

Bitte, liebe potentiellen Facebook-Nutzer, achtet doch bitte darauf, was ihr der Datenkrake erlaubt und zwar BEVOR ihr euren Account anlegt und mit einem einfach KLICK auch in meine virtuelle Umgebung eingreift. Einmal die Häkchen nicht gesetzt und schon habe ich selber keine Möglichkeit mehr, meine Daten wenigstens etwas zu schützen.

Nachtrag: Nun MUSSTE ich doch mal Fa*ceb**k schreiben und verbitten, dass ich weiter Post von ihnen bekomme.

Hoffentlich hilft's!!

Ja, ich habe mich entschieden, Du Krake!

05
Jul
10

Alles?

Heute morgen beim Tanken, da war es wieder. Als ich zum Bezahlen anhob, wurde ich wieder mit dem Wortfetzen aus der morgendlichen Lethargie gerissen. Der Anfang Zwanzigjährige an der Kasse warf mit dem mir inzwischen so verhassten: „Alles?“ um sich. In Zeiten der Finanz- oder Bankenkrise zu sparen, finde ich ja an sich löblich, aber mit diesem „Alles?“ muss es doch nicht beginnen.

Wieso werde ich nicht gefragt: „Darf es noch etwas sein, vielleicht ein Schlückchen Öl oder noch ein schlabbriges Croissant, eine Computerzeitschrift, Ravioli in der Dose oder Gummibärchen?“ Warum verwendet das Thekenpersonal keine vollständigen Fragesätze mehr? „Wäre das dann alles?“ „War das alles?“ (was bei den Benzinpreisen zu der Antwort: „Ich finde, dass 60 Euro im Tank schon ordentlich viel Geld sind..“ verleiten sollte) „Ist das alles?“ Die beiden letzten Varianten können, je nach Tonlage auch schon unverschämt wirken, wenn man wirklich nur ein Tröpfchen Benzin zugefüllt hat.

Aber dieses „Alles?“ habe ich das erste Mal vor etwa anderthalb Jahren bei türkischen Bäcker meines Vertrauens wahrgenommen, als die Backwarenverkäuferin mich damit ansprach. Ich hielt das für etwas schlecht erlerntes Deutsch und verneinte ausführlich: „Nein, danke, das wäre dann alles..“ Nach einer Weile habe ich resigniert aufgegeben und nur kurz genickt, während ich in meinem Portemonnaie kramte.

Inzwischen hat sich das „Alles?“-Virus mit wahnwitziger Geschwindigkeit ausgebreitet, wenn ich doch nur wüsste, wo das Epizentrum liegt, wer sozusagen Patient Null ist! Im Supermarkt, selbst in der feinen Galeria vom Kaufhof habe ich es schon gehört. Als aber letztens die propere Azubiene meines Fleischers jenseits der Modersohnbrücke auch das „Alles?“ hervorstieß, habe ich mir das Herz einer in diesen Dingen sehr altmodischen Kundin gefasst. Ich muss kurz ausholen: Dieser Fleischerladen ist noch ordentlich mit weißen Fliesen ausgelegt, die Messer werden vor den Augen der Kunden geschärft, man wird freundlich begrüßt, auch wenn man als Gelegenheitsfleischesser nur selten hereinschaut und man bekommt eine gute Beratung, wenn man sich ob der Auswahl von größeren Fleischstücken unsicher ist.

Kurz und gut, als ich hier mit dem „Alles?“-Fetzen befragt wurde, habe ich für mich die verbale Notbremse gezogen und, bevor ich „Ja“ oder „Nein“ antwortete, gemeint, dass ich nicht wisse, was sie meine. Sie ist knallrot geworden, ich habe mich auch ein klein bisschen gemein gefühlt dabei, aber sie fragte dann, wie es sich gehört: „Darf es noch ein bisschen mehr sein?“ Ich strahlte sie und meinte: „Nein danke, aber nett, dass Sie gefragt haben.“

So, das musste mal gesagt geschrieben werden!

04
Jun
10

Eiskalt kalkuliert…

Da wurde ich doch einmal eiskalt überrascht, als ich diese Preissenkungen bei Obst und Gemüse sah:

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30
Mai
10

Na sowas!

Nun sind wir nicht nur Papst, sondern offensichtlich auch Lena….

Aber endlich kann man das gutmenschelnde „Ein bisschen Frieden“ zu den Grand Prix-Akten legen, was natürlich damals in die Diskussionen über die Raketenstationierungen hüben und drüben sehr gut gepasst hat.

18
Jan
10

Entscheidung gefragt

Mein Mobilfunkbetreiber hat gemerkt, dass sichdie zwei Jahre Vertragslaufzeit dem Ende zuneigen. Ich habe es dann auch gemerkt, als ich einen Anruf von der freundlichen Dame im Call-Center bekam. Nun möchte man natürlich, dass ich weiterhin Kunde bleibe. Eigentlich möchte ich das auch, aber ich fühle mich derzeit so unschlüssig.

Sicher ist ja immerhin, dass ich meine Nummer behalten kann, denn das ist mir ja sehr, sehr wichtig. Aber das könnte ich ja auch, wenn ich den Anbieter wechselte. Ich habe aber beschlossen, dass ich bei dem Anbieter bleiben möchte, da ich in den unendlichen Weiten Brandenburgs überraschende Erkenntnisse erlangen konnte: Dort, wo der Anbieter meines Diensttelefons rein empfangsmäßig in die Knie geht, kann der meines Privattelefons überraschend punkten! Das ist ja nicht immer so, dass ich erreichbar sein will, aber ich könnte es sein, wenn ich wollte.

Nun denn, diese Entscheidung haben wir schon einmal im Kasten!

Dann kommt die, bei der ich noch nicht so recht weiter komme: der zukünftige Vertragsgeber bietet mir diverse Gerätemodelle zum günstig, da subventionierten Preis an. Wunderbar! Aber welches soll ich nehmen? Und hier muss ich dann die ersten Entscheidungen treffen.

Ich möchte kein Gerät, welches ich aufklappen muss, welches aufgeschoben werden muss oder sonstwelche Scharniere aufweist, die ich kaputt kriegen könnte.

Dann sollte man mit dem Handy auf alle Fälle noch telefonieren und SMS schreiben können. Ich finde das irgendwie immer noch wichtig. Allerdings möchte ich auch einen push-mail-Dienst haben, damit ich in den unendlichen Weiten dieser Welt relativ unkompliziert und schnell an meine Mails herankomme (um dann zu entscheiden, welche ich ja erst beantworte, wenn ich am Wochenende zuhause am Rechner sitze oder noch viel später im Büro).

So, was noch? Ich möchte mein Gerät einfach und ohne noch ein Ingenieursstudium absolvieren zu müssen, mit den vorhandenen Telefondaten füttern können. Die Zeiten, in denen man beim Gerätewechsel vieles per Hand eingetippt hat, sind ja vorbei. Also braucht es eine gute Synchronisierungssoftware. Und hier hakt es natürlich schon: will ich dieses über den Rechner erledigen, wo ich die Sicherungsdateien abgelegt habe, müsste dann das neue Handy nicht vom derselben finnischen Firma wie das alte sein, damit alles klappt?

Grundsätzlich habe ich gar nichts dagegen, weil ich Markentreuchen ja auch immer wieder den gleichen Autotyp nehme.

Soweit ist alles noch kein wirklich großes Problem. Aber dann geht’s weiter:

die Verbindungsmöglichkeiten sollten schon auch in zwei Jahren noch nicht ganz abgehängt sein: UMTS, GPRS, HDSPA. WAP habe ich eh nie benutzt. Die Verbindung zum Rechner über Blauzahn und USB ist natürlich auch ein Muss. Infrarot brauche ich nicht mehr, mein altes 6310i, welches ich als Diensttelefon nutze, hat ja schon Blauzahn…

Und weil ich ja ein Gewohnheitstierchen bin (s.o.), möchte ich doch beim finnischen Telefonbauer bleiben, auch wenn die damals im Ruhrgebiet die Telefonschrauberei zugemacht haben.  Gut, mein derzeitiger und zukünftiger Anbieter hat 63 finnische Modelle im Angebot und auf seiner Website so eine nette Suchfunktion, in der ich alle oben genannten Kriterien eingeben kann. Hier geklickt, dort und da noch ein Häkchen… und schwuppdich spuckt mir die Seite ein Gerät aus: Das Nokia E 72

Das Dumme ist nur: ich will ja kein Handy mit so knibbelig kleiner Tastatur! Ich gehe unaufhaltsam auf die Vollendung des … hm… 27. Lebensjahres zu!

Was mache ich denn nun?




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