Posts Tagged ‘Familie

25
Okt
20

Erste Erfahrungen

Seit dem 4. September hat unsere Tante Miksgen eine haushälterische Begleitung aus Polen. Die erste neue Mitbewohnerin war nun sechs Wochen bei ihr.
Dorota kam in einem Kleinbus angereist, von Stettin nach Höxter. Mit einer fröhlichen Runde von vier weiteren Damen wirkte sie erst noch entspannt, dann, als der Transporter um die nächste Ecke verschwand, brach die Panik durch. Eine zierliche Frau, die kaum größer als ihr Koffer war, versuchte selbigen ins Haus zu ziehen, was uns dann zu zweit gelang.
Wir hatten ein Zimmer im Obergeschoss schön hergerichtet, Blumen auf den Tisch gestellt, einen Teil der Schränke für die Kleidung ausgeräumt, eine Leselampe am Bett installiert und selbiges frisch bezogen. Das Bad nebenan hatten wir ebenfalls etwas umdekoriert, neue Duschvorhänge, Badvorleger und so einiges mehr.
Dorota freute sich sichtlich und zog das Handy mit dem Übersetzungsprogramm von Tante Gugl hervor. Außer ein paar Bröckchen sprach sie kaum Deutsch, so dass wir auch für unsere Tante die Übersetzungs-App auf dem Pad installieren mussten. Gut, dass sie ein technikaffines Tantchen ist! Dennoch dauerte es eine Weile, bis sie sich eingearbeitet hatte. Und sie vermisst sehr, dass sie sich nicht spontan unterhalten kann. Meine Schwester und ich hofften, durch die neue Mitbewohnerin den Faktor „Einsamkeit“ reduzieren zu können, was sich aber nach kurzer Zeit als getrogene Hoffnung herausstellte. Die Aufgaben für die Haushaltshilfe waren mehr als übersichtlich, eine 40-Stunden-Woche konnten wir garantieren, inklusive Siesta-Zeit und Feierabend nach dem Abenbrot. Pflegerische Hilfe ist bei unserer Tante derzeit nicht notwendig. Ich habe das Wochenende damit verbracht, Dorota in alles einzuführen, im Haus und im Städtchen, Einkaufsmöglichkeiten gezeigt und wo es zum Hausarzt geht. Anders als von der Agentur zugesagt, weigerte sich Dorota allerdings, Auto zu fahren, obwohl ein Führerschein vorhanden war. Fahrradfahren war auch nicht so ihres. Also erledigte sie die Einkäufe zu Fuß, Größeres mussten meine Schwester und ich besorgen, wenn wir da waren.
Die Fähigkeiten Dorotas, Schmackhaftes auf den Mittagstisch zu bringen, um unserer Tante Miksgen das Essen etwas näher zu bringen, trogen leider auch. Möhrensalat ist zwar gesund, aber als Beilage etwa vier Mal in der Woche trug nicht zur Zufriedenheit der zu Bekochenden bei. Ansonsten wurde ein großer Bogen um frisches Gemüse gemacht, so dass die Qualität der zubereiteten Speisen selbst uns von ferne im wahrsten Sinne des Wortes „nicht schmeckte“. So sind meine Schwester und ich – bis auf Ausnahmen – wechselweise weiterhin jedes Wochenende in Höxter, um etwas gegenzusteuern. Und natürlich haben wir am Wochenende für die Verpflegung gesorgt, natürlich nicht nur für die Tante und uns, sondern selbstverständlich auch für Dorota, die sich nach den Mahlzeiten sofort auf ihr Zimmer zurückziehen und uns auch noch das Aufräumen überlassen wollte. Leider musste sie dann doch helfen….
Die Krisensituation innerhalb dieser Zeit konnte sie gar nicht meistern: unsere Tante klagte über Schmerzen in der Brust und wollte nicht aufstehen. Dorota schrieb mir eine Nachricht (auf polnisch) über einen Messengerdienst. Ich antwortet dank Übersetzungsprogramm auf polnisch, sie rief an und gab den Hörer an die Putzfrau weiter. Beide Damen waren sichtlich aufgeregt und kaum zu beruhigen. Der Bitte, meine Tante ans Telefon zu holen, kamen sie nicht nach. Und immer wieder: „Sie hat Schmerzen…“ Was sollte ich machen? Die beiden Damen waren nicht in der Lage, die „112“ und damit die Rettung zu verständigen, was ich dann nach zwei weiteren Telefonaten mit den beiden aus knapp 400km Entfernung gemacht habt. Die Rettung war schnell da und nahm unsere Tante aufgrund ihrer Vorerkrankung kurzerhand mit. Die Bitte an die Putzfrau, den bereits gepackten Koffer mitsamt der Hörgeräte und dem iPad, die für die Kommunikation so unglaublich wichtig sind, unverzüglich dem Krankenwagen hinterher zu bringen, kam sie gar nicht nach. Erst gegen Abend brachte sie den Koffer an die Krankenhauspforte und unsere Tante hatte kurz vor Mittag am Folgetag endlich ihre Sachen, trotz meiner fernmündlichen Bitten. Immerhin konnte ich mit dem behandelnden Arzt sprechen, immerhin hatte mein Anruf beim Hausarzt bewirkt, dass der an der medizinischen Versorgung der Tante beteiligte Arzt aus dem Krankenhaus schnell über wichtige Infos verfügen konnte.
Das dicke Ende kam dann wirklich zum Ende: als Dorota zurück in den Kleintransporter nach Stettin stieg, gingen meine Schwester und ich durch Zimmer und Bad und mussten zu unserem Entsetzen eine für sechs Wochen sehr lange Liste an Schäden verkraften. Die Agentur bietet 50 € Schadensregulierung für einen kaputten Toilettendeckel, einen durch verschüttetes und nicht weggewischtes Hochprozentiges ruinierte Tischplatte, ein verklebtes Sofa und eine aus der Verankerung gerissene Leselampe über dem Bett. Es kann passieren, dass Dinge zu Bruch gehen, aber als erwachsene Frau sagt man dann auch etwas, entschuldigt sich eventuell noch. Wir haben für das nächste Mal gelernt und gehen vor Abreise durch Zimmer und Bad.
Unsere Tante war erleichtert, als die Zeit mit Dorota zuende war, uns tut es unendlich leid, dass wir im Moment nicht mehr für sie tun können. Es ist anstrengend, diese Kümmerei aus der Ferne, was wir beide ja nicht tun würden, wenn wir beide „unser Miksgen“ nicht so lieb hätten.

 

12
Nov
16

Unser Haus

So, ab und zu werde ich nun doch etwas zu den Erlebnissen berichten, die meine Schwester und mich besonders beschäftigt haben, unter der Überschrift „schöner erben“.


Es ist in den letzten Monaten ja schon angeklungen, dass unser Vater verstorben ist und uns ein „nettes“ Erbe hinterlassen hat: das Haus unserer Familie mit einem Wohnungsrecht, welches er seiner Lebensgefährtin bereits 2012 eingeräumt hatte. Grundsätzlich ist es auch in Ordnung, wenn der überlebende Partner/die Partnerin in einer Lebensgemeinschaft abgesichert oder bedacht wird. Aber bitte doch nicht auf unsere Kosten, die den Unterhalt des Hauses aus ihrem eigenen Lebensunterhalt dafür bestreiten sollten ohne über die Immobilie frei verfügen zu können. Wenn wir ein fettes Aktienpaket oder die Kronjuwelen von Großbritannien geerbt hätten, kein Problem, aber haben wir halt nicht. Im Übrigen hätte die Dame die laufenden Kosten aus der Rente des ersten, verstorbenen Ehemannes durchaus selber bestreiten können. Um es klarzustellen: es ging um die Nebenkosten, die man bei Mieten auf die Mieter umlegen kann, diese hätten sich bei einer Wohnfläche von etwa 180 qm auf ca. 400 € inkl. Strom und Heizung belaufen.
So kamen wir zu einem Haus mit Grundstück, das uns nun mit den Begleitumständen seit mehr als drei Jahren Sorgen bereitet hat. Meine Schwester und ich haben schon lange vor dem Tod unseres Vaters überlegt, ob wir das Erbe antreten sollten oder nicht. Da aber an dem Erbe auch noch Wegerechte zum Grundstück unserer Tante hängen, haben wir uns nach schlaflosen Nächten zu einem gemeinsamen Weg entschlossen. Gespräche mit unserem Vater und seiner Partnerin verliefen ohne greifbares Ergebnis für uns, waren von Schreiereien der Dame und von irrationale Vorwürfen an unsere Adresse („ihr habt doch als Kinder Musikunterricht gehabt!“) begleitet. Selbst der Steuerberater unseres Vaters war ratlos, nachdem er einen Blick in das Testament unseres Vaters geworfen hatte. Der Vater hatte neben dem Wohnungsrecht von uns, seinen Erbinnen, auch verlangt, dass wir das Haus für kommende Generationen erhalten, die Familiengrabstätte für immer und ewig erhalten (und nachkaufen). Jaha, für die Stammburg und die Erbgrablege…
Schade nur, dass er an dem Haus (Baujahr 1953) weder etwas für die energetische Sanierung noch sonstige Erhaltung getan hat. Tapezieren zählt nicht dazu, nur so zu Information. Und in den letzten fünfzehn Jahren, in denen wir ihn immer einmal gefragt haben, ob er nicht in kleinen Schritten die Sanierung beginnen wolle? Schließlich hatte er seitdem Hausbau durch seine Eltern hier mietfrei gewohnt. Jedes Mal wurden wir barsch zurückgewiesen und zum guten Schluss bekamen wir das Haus mit Bewohnerin vererbt, verbunden mit der Aufforderung des Vaters in seinem Testament, ihr einen Platz im Familiengrab zuzugestehen. Zum Glück haben weder meine Schwester noch ich selber den Wunsch, jemals an der Seite unserer Eltern und der Partnerin bestattet zu werden! Vater, geschenkt!
Die Dame weigerte sich, auch mit anwaltlicher Unterstützung, die für Mieter üblichen Nebenkosten an uns zu zahlen, lediglich ihre unmittelbaren Verbrauchskosten wie Öl für die Heizung, Wasser, Abwasser und Müllgebühren zahlte sie nach unendlichen Streitereien und mehrfacher Aufforderung. Der Punkt war, dass in der Urkunde über die Einräumung des Wohnungsrechtes dazu keine weiteren Bedingungen verbunden waren. Bitter war auch, dass man das Haus, hätte unser Vater langwieriger Pflege bedurft, nicht einmal zur Deckung von Kosten hätte verkaufen können. Kein Wunder, dass meine Schwester und ich viele schlaflose Nächte hatten, lange bevor der Erbfall nun wirklich eingetreten war.
Relativ bald nach dem Tod unseres Vaters und seiner Beerdigung (das wird irgendwann noch ein eigener Eintrag hier) saßen wir mit der Frau und ihrem Sohn aus erster Ehe zusammen, um Dinge zu klären. Wir wurden darüber informiert, dass die Dame nicht neben meinem Vater dereinst bestattet werden wolle. Und im Übrigen meinte der Sohn, dass seine Mutter nicht dauerhaft alleine in dem großen Haus leben könne, und er überdies keine Lust habe, sich dauernd um Reparaturen und Hilfewünsche seiner Mutter zu kümmern. Wir sollten uns einmal überlegen, ob wir sie nicht aus dem Haus herauskaufen wollten, nicht sofort, aber in ein paar Jahren.
Da aber die kommenden Monate geprägt waren von Streitigkeiten um die Kosten und Post vom gegnerischen Anwalt pünktlich vor den Wochenenden, beschlossen wir, in den sauren Apfel zu beißen, und, um auch selber endlich freie Hand zu haben, der „gegnerischen Partei“ das Wohnungsrecht abzukaufen. Die zu zahlende Summe lässt sich aus dem Wert des Hauses und der sogenannten Sterbetafel des statistischen Bundesamtes berechnen. Gemäß dieser statistischen Berechnung liegt ihre Lebensdauer bei einem Alter von 79 Jahren noch bei 9,86 Jahren. Noch knapp 10 Jahre Ärger bei gleichzeitigem Preisverfall des Hauses in einer Kleinstadt im Ostwestfälischen? Nein. Wir entschlossen uns, die Sache mit der Zahlung von Geld zu beenden. Nach mehreren Monaten erzielten wir endlich eine Einigung. Meine Schwester und ich bereiteten einen Vertrag vor, den wir bei einem Notar mit der Gegenpartei im September abzeichneten. Wir würden ihr einen Betrag in fünfstelliger Höhe auszahlen, während sie auf das Wohnungsrecht verzichtete, in dessen Löschung aus dem Grundbuch einwilligte und bis zum Ende Oktober aus dem Haus ausziehen würde.
So ist es inzwischen geschehen, meine Schwester und ich sind zwar „blank“, aber doch erleichtert, denn nun können wir über das Haus verfügen. Über den Winter wollen wir Haus etwas aufhübschen, den Garten von den größten Nadelbäumen befreien und dann im Frühjahr mal weiterschauen… Nein, keine von uns wird dort einziehen, wir wohnen und arbeiten in Hannover und Berlin.
Vielleicht holen wir uns noch eine Shamanin, um die bösen Schwingungen auszuräuchern!




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