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Es wird ruhiger

Seit bald zwei Wochen haben wir ein neues Modell in der Betreuung unserer Tante am Start: die ältere Damen-WG. Die Idee kam über eine Freundin, deren Schwester mit Anfang 70 genau wie meine Tante alleine wohnt und sich einsam fühlt. Sie schlug vor, die beiden Damen zusammenzubringen und auszuprobieren, ob eine Art WG funktionieren könnte. Die Schwester meiner Freundin würde die Hauswirtschaft mitsamt Einkaufen übernehmen, die Putzfrau der Tante soll weiterhin mit an Bord sein. Der Pflegedienst ist sowieso mit „an Bord“, denn einmal in der Woche wird die Medikation gestellt, so dass hier bei Bedarf schnell reagiert werden kann.
Also packten wir vor zwei Wochen mein kleines Auto bis zum Dach voll, die Schwestern packte ihren kleinen Hund mit ins Auto und los ging es. Ich hatte Urlaub und konnte der Freundinnen-Schwester in den ersten Tagen in den „Tanten“-Kosmos hineinhelfen.
Anna, die polnische Haushaltshilfe, war am Tag vorher abgereist. Die letzten Tage waren schwierig geworden, denn auf beiden Seiten waren die Kommunikationen von Missverständnissen und Nicht-mehr-Wollen geprägt. Und beide beschwerten sich jeweils über Messenger bei meiner Schwester und mir: das Essen schmeckt nicht, die Tante ist unfreundlich und so weiter. Nach zweieinhalb Monaten hatte unsere Tante auch fast 2 kg abgenommen, was bei einer Frau ihres Alters, Größe und Vorerkrankungen ganz und gar nicht gut ist.
Die erste Woche mit Elke, der Freundin-Schwester, lief an sich gut an, die beiden Damen verstanden sich gut und auch der kleine Hund der neuen Mitbewohnerin und der tanteneigene Dackel verstanden sich einigermaßen.
Endlich wurde das Tantenauto wieder in Betrieb genommen: einkaufen, Besorgungen erledigen, die Stadt kennenlernen.
Reibungsfrei war die Woche nicht, die Unzufriedenheit der Tante, dass sie nicht mehr alleine leben konnte, kam immer wieder durch und entlud sich manchmal – bei mir. Durch die Umzugsaktion des Schlafzimmers aus dem Dach- ins Erdgeschoss hat sich einiges im Haus verändert: die Kleidung ist, da unsere Tante keine neuen Schränke wollte, weiterhin im Haus auf Ober-, Erdgeschoss im neuen Schlafzimmer und in den Schränken im Keller verteilt. Nun ist das Problem, dass manches dann doch woanders gelagert werden muss, da die neuen Mitbewohnerinnen ja auch ein Zimmer benötigen. Dies führt dazu, dass manche Dinge woanders sind und dies führt zu Unzufriedenheiten, die sich dann ihr Ventil suchen.
Immerhin lässt sich das Zusammenleben mit Elke gut an, auch wenn ich in der Woche noch den Großteil der Mittagessen gekocht habe, konnte ich Tag für Tag Dinge „abgeben“, mit dem Gefühl, dass die Dinge gut laufen würden.
Nach nun zwei Wochen ist die erste Bilanz sehr gut: die Tante isst wieder mit Appetit, abends sitzen die beiden Damen eine Weile zusammen und plaudern, bis jede für sich entweder mit dem iPad in den Lesesessel verschwindet oder in ihr Zimmer mit Fernsehen.
Aber wir freuen uns, dass der gestern gelieferte Adventskranz zum gemeinsamen Frühstück seinen Auftritt hatte.
Wir sind dann mal vorsichtig optimistisch, dass wir nun ein Modell gefunden haben, dass meine Schwester und mich auch wirklich entlastet.

 


5 Antworten to “Es wird ruhiger”


  1. 1 Philipp Elph
    29. November 2020 um 15:12

    Das ist doch eine gute und erfreuliche Entwicklung. Ich wünsche Euch, dass das Modell sich bewährt und lange bestehen kann.

    Gefällt 1 Person

  2. 29. November 2020 um 16:24

    Das liest sich ganz gut, hoffe für Euch das es länger anhält. Selbst habe ich auch über eine Alte-WG nachgedacht aber meine Schwester wollte das auf keinen Fall…. Beste Grüsse vom See, tom

    Gefällt 2 Personen

  3. 29. Januar 2021 um 12:31

    Oh Gott, ich merke beim Lesen deines liebevollen Beitrags, dass es bei mir auch nur noch 10 Jahre sind, bis ich als Junior – Mitglied in eine Alten-WG ziehe. 😢

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