Posts Tagged ‘Tradition

27
Aug
17

Spreewaldimpressionen

Seit einiger Zeit habe ich einen Mitarbeiter aus Lehde, also mitten aus dem klassischen Spreewald. Vor einigen Jahren war ich schon einmal mit meinen Tanten durch den Spreewald gegondelt, wobei wir nachmittags durch die Kanäle gestakt wurden und an jedem Gurkenverkaufsstand zur Verkostung anhielten. Mein Kollege hat als Eingeborener vor einiger Zeit eine Lizenz zum Fahren eines Spreewaldkahns mit dem typischen Staken erworben, so wie sie sein Vater auch.
Nach Feierabend hatten wir uns also bei ihm in Lehde verabredet, um mit ihm eine Tour durch die Kanäle zu machen. Mit einem kleineren Kahn mit 10 Sitzplätzen ging es los, als besondere Freude waren seine Frau und seine zauberhafte kleine Tochter Lotte dabei.
Es war schon nach 18 Uhr, als wir losfuhren, leise schaukelnd, nur vom Staken fast lautlos bewegt. Die Kähne werden heute eigentlich nur noch für die Touristen benutzt, bis auf die Post in Lehde und die Müllabfuhr, aber die haben auch schon keine Holzkähne mehr. Da der Spreewald und seine Fließe Biosphärenreservat sind, gelten strenge Regeln für das Befahren der Kanäle. So dürfen an sich keine maschinenbetriebenen Kähne fahren, lediglich mit Genehmigung z.B. die Müllabfuhr. Nachts darf ebenfalls nicht gefahren werden, es sei denn, man ist Anwohner.
Alles wirkt sehr idyllisch, aber man darf nicht vergessen, dass der Spreewald eine menschengemachte Landschaft. Die Fließe sind holzgefasst, die Pfähle und Spunde müssen regelmäßig nach dem Winter repariert und unterhalten werden. Viel Arbeit, die offensichtlich immer seltener gemacht wird: sobald man sich von den Hauptfließen entfernt, sieht man, wie sich die Wildnis die einstigen Wiesen und Ackerflächen zurückholt.
Die Regeln des Natur- und Denkmalschutz scheinen sehr streng, wie mir auch unser native guide bestätigte: beim Erwerb eines Grundstückes darf nur der Baubestand renoviert werden, abgerissen und neu gebaut darf an sich nicht. So kommt es, dass einige Grundstücke mit ruinösem Bestand natürlich auch keinen neuen Eigentümer finden und alles vor sich hinrottet. Und so kümmert sich dann auch keiner um diese Abschnitte und alles verfällt weiter, ein Teufelskreis.


An den Hauptfließen und in manchen Vorgärten stehen die typischen Heubergen wohl auch eher als Zier, denn dass das Heu wirklich an das Vieh verfüttert wird.

Es wurde immer stiller, je weiter der Abend fortschritt, einzig die Mücken wetzten die Messer. Diese waren aber auch die Einzigen, die um die Uhrzeit „essen gehen/fliegen“ konnten, denn die Lokale entlang der Fließe schließen, sobald die Touristen den Kähnen entsteigen. Und das passiert spätestens gegen halb sechs. Dann wird es still, die Fließanrainer sind dann wieder unter sich, sitzen an den Knälen und angeln, grillen und trinken ihr eigenes Feierabendbier.


Etwas abseits von Lehde haben wir sogar einen Eisvogel aufgescheucht, ein Reiher flog und ein paar Eichehäher keckerten empört, dass wir noch fast zwei Stunden nach offiziellem „Dienstschluss“ unterwegs waren.

Sorbisch spricht übrigens kaum noch jemand, auch wenn der Spreewaldkrimi des ZDF es etwas anderes zeigt und die Tracht wird auch eher für die Touristen aus dem Schrank geholt, soweit unser stakender Kollege. Schade eigentlich…

18
Dez
16

Weihnachtsbäckerei 2016 – Bethmännchen

Dieses Gebäck habe ich zu Studienzeiten kennengelernt, seitdem haben die kleinen Marzipanbömbchen einen festen Platz im weihnachtlichen Backrepertoire. Ich habe vor einigen Jahren in einem Anfall von Übereifer sogar einmal das Marzipan selber hergestellt, ich greife aber lieber wieder zur Rohmasse. Inzwischen gibt es ja auch hochwertige Rohmassen, so dass man sich einige Kneterei sparen kann.

Bethmännchen

300 g Marzipan-Rohmasse (mind. 60% Mandeln!)
50 g Puderzucker
3 Tropfen Bittermandelöl
1 EL Speisestärke
1 Ei
75 g weiße, abgezogene Mandelkerne.
Marzipan, Puderzucker, Mandelöl, Speisestärke verkneten. Zu 30 Kugeln formen, mit verquirltem Ei bestreichen. Je 3 Mandelhälften an die Kugeln drücken. Etwa 5 Stunden trocknen lassen. Im vorgeheizten Backofen bei 150°C etwa 15 – 20 min backen. Die Kunst ist, dass sie einerseits etwas Farbe angenommen, etwas Biss haben sollten, aber nicht hart sein dürfen.
Ratz, fatz, fertig…
bethm

20
Nov
16

Wiener Impressionen 2016

November ist ja nicht die perfekte Reisezeit, aber nach ich bin in dem Monat gerne ein paar Tage in Wien, denn dort findet dann eine Tagung statt, an der ich sehr gerne teilnehme. Leider bleibt kaum Zeit zum Bummeln und in den kleinen Geschäften zu stöbern, aber auch dieses Mal habe ich mir ein paar Stunden nach dem letzten workshop gegönnt. Oder da der Tagungsort direkt am Rande des 1. Bezirks liegt, kann man auch mal fix nach dem letzten Vortrag und vor dem Abendempfang auf einen kleinen Spaziergang losziehen.


Leider war das Wetter nicht besonders toll, Regen am ersten Tag, am zweiten Tag feuchter Nebel und am dritten Tag Hochnebel und erst kurz vor dem Aufbruch zum Flughafen blauer Himmel mit Sonnenuntergang. Aber als Stimmungsaufheller, ganz legal und nicht verschreibungspflichtig, darf es dann auch mal im Caféhaus Eiles ein Punschkrapferl sein. Eines reicht mir aber pro Jahr, denn die sind ja doch krachsüß.
Für mich war das museuale Highlight bei diesem Besuch die Virgilkapelle, eine unterirdische Kapelle direkt vor dem Stefansdom, eine Außenstelle des Wien Museums, in die man vom U-Bahn-Eingang vor dem Stefansdom gelangt. Sie wurde 1972 bei den Bauarbeiten für die U-Bahn entdeckt und ausgegraben und nach einigen Jahren der Restaurierung seit letztem Winter wieder der Öffentlichkeit zugänglich. Mir hat besonders die tolle Aufbereitung im Audio- und Videoguide gefallen sowie die kleine Ausstellung zur Stadtgeschichte, viel Medien, aber gut gemacht.

Hinter die Kulissen im Naturhistorischen Museum durfte ich auch einmal wieder schauen, dem Naschmarkt habe ich nur einen Abstecher am Rand abgestattet, die agressiven Angeboten waren mir zuviel. Statt dessen habe ich fast zwei Stunden in einem kleinen Café einfach nur Tee getrunken und zugeschaut, wie der Himmel langsam blau wurde. Die Weihnachtsmärkte habe ich außen vor gelassen.

29
Dez
12

Weihnachtstunke

Meine Großeltern kamen aus Schlesien, aber aus den zwei entgegengesetzten Ecken: der Großvater aus Oberschlesien, aus der Gegend um Oppeln/Opole, meine Großmutter aus einem kleinen Dorf in der Nähe von Wartha/Bardo. Sie haben wenig mehr als ihre vier Kinder, von denen eine meine Mutter werden sollte, mitgebracht, als sie im 1946 in Altenbeken bei Paderborn landeten. Aber meine Oma und die anderen Frauen der Familie hatten ihre traditionellen Rezepte dabei, nicht aufgeschrieben, sondern im Gedächtnis. Und besonders in der Weihnachtszeit wurden diese Gerichte zubereitet, die für sie den Geschmack von Zuhause hatten, dem sie den Rest ihres Lebens hinterhertrauerten. So stand mich als Kind das leicht Bittere des Bockbieres in der „Weihnachtstunke“ stets mit den bitteren Geschichten um den Landstrich verbunden, um den sie trauerten, den ich bis heute nicht kennen gelernt habe. Als ich vor einigen Jahren eine Kollegin kennenlernte, die nicht weit von dem Heimatort meiner Oma aufgewachsen war, meinte ich ganz begeistert und ohne den geringsten Hauch von „Schlesien bleibt unser“ im Hinterkopf, dass ich dort gerne einmal hinfahren würde, um zu sehen, wo meine Mutter ihre Sommerzeit als kleines Kind verbracht hatte. Ich war allerdings sehr erschrocken, als sie mich sehr brüsk fragte, warum mich das interessierte und dass es doch nun polnisch sei. Es dauerte eine Weile, bis ich aus ihr herausgefragt hatte, dass ihre Eltern auch noch nach so langer Zeit Sorge hatten, mit Schlesiern um irgendwelche Ansprüche streiten zu müssen. Sie waren selber als Flüchtlinge aus dem Ostpolnischen, welches nach dem 2. Weltkrieg zu Russland geschlagen wurde, vertrieben worden und in Schlesien angesiedelt. Für das kommende Jahr habe ich mir die Reise fest vorgenommen, mal schauen…. (Nachtrag: es wurde 2013: Home is where the heart is)

Die „Weihnachtstunke“ wurde am Heiligabend bei meinen Großeltern zu Weißwürsten, zu Sauerkraut und Salzkartoffeln gereicht, für uns, die wir erst am 1. Feiertag nach Paderborn zu den Großeltern fuhren, gab es die Tunke im mitgebrachten Topf durch das Fenster des rückfahrbereiten Autos gereicht. Mein Vater mochte sie nicht und versuchte Jahr für Jahr die Übergabe durch eine flotte Abreise zu vereiteln, in der Regel vergeblich. Nachdem mein Großvater gestorben war, wollte meine Oma sie nicht mehr zubereiten, hier sprang dann Tante Inge in die Bresche, so dass auch die nächsten Jahre die Tunke nach Weihnachten bei uns zu Hause verzehrt werden konnte. Schließlich brach ihr Mann mit der Tradition des mündlichen Überlieferung und schrieb das Rezept in seiner feinen Lehrerschrift auf und kopierte das Blatt für Söhne, Töchter, Nichten und Neffen. Ich klebte die Seite in meine Kladde, in der die Rezepte aus der Prä-Internetzeit gesammelt sind.
Inzwischen koche ich diese Tunke selber, sie fällt jedes Jahr ein wenig anders aus, mal mehr, mal weniger bitter. Dieses Jahr habe ich sie zur Freude meiner Schwester und von Frau Vau (bei ihr ist ganz sicher auch irgendwo ein schlesischer Vorfahr dabei) wieder zubereitet und wir haben sie gestern in vertrauter Runde mit schlesischer Weißwurst, Sauerkraut und Kartoffeln verspeist.
Genug der Geschichten, hier ist das von meinem Patenonkel schriftlich erfasste Rezept, welches eine ordentliche Menge dieser Soße ergibt.

Schlesische Weihnachtstunke

1/2 kleine Sellerieknolle
3 Pastinaken (in der mündlichen Überlieferung wurden sie immer „Pasternak“ genannt)
3 Petersilienwurzeln
1 EL Salz
1 Lorbeerblatt
10 Pfefferkörner
5 Pimentkörner
4 Nelken
200 g Pfefferkuchen oder Soßenkuchen (ich habe endlich „meinen“ gefunden, es ist der „Leopold“ aus dem oberfränkischen Weißenstadt, der ist deutlich schmackhafter als der Chemnitzer, wer weder den einen noch den anderen findet, kann auch den „Frühstücks- oder „Kandiskuchen“ nehmen)
0,3 l Bockbier, helles
100 g Haselnüsse
100 g Mandeln
1 Zwiebel
100 g Rosinen
Malzbier, Rotwein, Zitronensaft zum Abschmecken und „Verlängern“.


Zunächst das Gemüse in feine Würfel schneiden, in wenig Wasser mit dem Salz und den Gewürzen bissfest kochen.
In der Zwischenzeit den Soßenkuchen im Bier einweichen, die Nüsse und Mandeln grob hacken, die Zwiebel sehr fein würfeln.
Dieses alles zum Gemüse geben, und leicht durchziehen lassen. Vorsicht, das Ganze brennt leicht an! Nun mit Rotwein, Malzbier, Zitronensaft abschmecken. Die Mengen sind variabel, eher mehr Rotwein und Malzbier (je ca. 1 Tasse), wenig Zitrone.
Die Konsistenz ist durch den Soßenkuchen/Pfefferkuchen schon relativ dickflüssig, nach meinen Erfahrungen muss die Tunke auch so sein. Beim Abschmecken darauf achten, dass das Bittere des Bieres nicht verloren geht, aber durch den Pfefferkuchen, die Rosinen und evt. Zucker auch ein leicht süßliches geschmackliches Gegengewicht erhält.

Im Sauerkraut habe ich noch ein zwei Äpfel aus dem Tantengarten versteckt, die Kartoffeln gab es gestern als Kartoffelbrei und als Salzkartoffel, die Weißwürste werden zuerst gebrüht, dann noch goldbraun in Butter ausgebraten.
Kulinarisches Erinnerungsengramm!

15
Jul
11

Bügelparade

Schwuppdich, sind zwei Jahre rum, seit Lakritze „Etwas über Kleiderbügel“ schrieb. Am letzten Wochenende wurde ich unvermittelt an ihren Artikel erinnert, als ich bei meinen Tanten in den leeren Schrank im Gartenhaus schaute, in dem eine bunte Parade der stummen Helferlein auf die üppige Wochenendgarderobe wartete, die meine Schwester und ich aus den jeweiligen Köfferchen ziehen würden.

Mein Favorit war natürlich der Bügel „Tadellos“, der mit einer fliederfarbenen Leinenjacke behängt wurde und diese untadelig im Schrank hielt. Vortrefflich!

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24
Apr
11

Osterfeuer en miniature

… performed in der Schale des Grills bei meiner Schwester im Garten…

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19
Dez
10

4. Advent

... sehet, die vierte Kerze brennt...

12
Dez
10

3. Advent

... sehet, die 3. Kerze brennt...

23
Okt
10

Stutenkerl

Eine meiner liebsten Kindheitserinnerung ist die Vorfreude auf den 6. Dezember, auf den Nikolausmorgen. Damals gab es neben den Kleinigkeiten wie Mandarinen und Nüssen auch den Stutenkerl auf dem Teller. Frisch vom Bäcker, mit der weißen Tonpfeife in den leichten Hefeteig eingebacken, Rosinen als Augen und Knöpfe einer imaginären Jacke. Diese Stutenkerle gab es wirklich nur zum Nikolaustag, nicht vorher, nicht nachher, nur am 6. Dezember.

Nun war ich am Wochenende auf Stippvisite in Kleve und da lagen doch glatt beim Bäcker schon die Stutenkerle in der Auslage, am 23. Oktober! Können die nicht warten, da am Niederrhein?

Na, wenn ich ehrlich bin, konnte ich auch nicht warten und habe welche von den Kerlen käuflich erworben.

Fluffiger Hefeteig, kleine Rosinenaugen, die Pfeife noch ungeraucht...

10
Sept
10

Moderne Zinnsoldaten

Als ich das erste Mal die Geschichte vom standhaften Zinnsoldaten von Hans Christian Andersen las, die in dem dicken Märchenbuch ganz weit vorne stand, war ich am Ende tieftraurig, als der Zinnsoldat so grundlos in den Ofen geworfen wird und auch kaum getröstet, dass die Tänzerin aus Papier ebenfalls mit ihm zusammen verbrennt und zum Schluss nur ein Zinnherz übrig bleibt. Weiterlesen ‚Moderne Zinnsoldaten‘




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