Posts Tagged ‘James Keith

19
Jun
12

Wo ist das Risiko beim Friederich?

Und wieder war eine liebe Besucherin bei mir, die sich ein kulturelles Programm gewünscht hatte. Kein Problem, auch wenn wir am Sonntag eher die „Work-out“-Variante voranstellten und dann am Montag vor dem Problem der geschlossenen Museen standen. Im Grunde ist es ja kein echtes Problem, da dennoch genügend Alternativen zur Verfügung standen. Somit machten wir uns nach Potsdam auf, um die Ausstellung „Friederisiko“ anzuschauen, die anlässlich des 300. Geburtstages Friedrichs II. von Preußen alias „der Große“ im Neuen Palais zu bestaunen ist.

Die Sorge, in einer langen Schlange um Karten anstehen zu müssen, erwies sich als unbegründet, denn angesichts der gen 30°C steuernden Quecksilbersäule blieb ein Massenansturm aus. Rasch erwarben wir für je 14 € die Eintrittskarten, griffen das Heftchen mit den Exponatbeschriftungen, legten den im Preis inbegriffenen Leih-Audioguide um und wurden zum grünen Eingang geschickt. Für die Ausstellung gibt es drei unterschiedlich farbige Eingänge an unterschiedlichen Ecken des Palais, unserer war also der nördliche, grüne. Freundliche Aufsichtskräfte ließen uns ein, weitere freundliche Menschen halfen den Besuchern bei der ersten Orientierung im Gebäude.

Ansonsten rigide Besuchervorschriften: Keine Speisen, keine Getränke ist für mich immer nachvollziehbar, dann folgt bedauerlicherweise das Foto- und Filmverbot. Natürlich finde ich es in Ordnung, wenn der Rest der Welt nicht filmen und fotografieren darf, aber für mich könnte man doch eine Ausnahme machen, oder? Ich fotografiere auch immer ohne Blitz! Aber nein: Nix da!

Wie schon im Begleitheft angekündigt, gibt es keinen festen Rundgang, was angesichts dreier Eingänge in verschiedenen Bereichen des Palastes durchaus sinnvoll scheint. Aber dennoch hat es auch bei mir als geübtem Museumsbesucher ein Weilchen gedauert, bis ich mich zurecht gefunden hatte. Leider habe ich erst nach Durchwandern der Hälfte des Erdgeschosses begriffen, dass es für Kinder separate Texte im Hörführer gab, deren Nummern auf den seitlich an den Textkästen hängenden Papp-Schlüsseln vermerkt sind. Diese Kindertexte sind zum Teil sehr ideenreich und liebevoll komponiert und eingesprochen, so dass ich mich immer mal wieder bemüht habe, sowohl die für die kleinen Besucher als auch die für die Erwachsenen durchzuhören. Die Ausstellungsmacher haben bewusst auf einführende Texte in Druckform verzichtet, vor den hohen Fenstern hängen schwach durchscheinende Stoffbahnen mit zeitgenössischen Zitaten zum jeweiligen Thema des Raumes, die mich oftmals zum Grinsen anregten. Ein Grund für den weitgehenden Textverzicht schien mir, den Raumeindruck des historischen Gebäudes so wenig wie möglich zu verstellen. Denn auch das wurde mir erst nach einer Weile klar: das größte Exponat ist das Neue Palais selbst, wie Friederich etwas indifferent, was den Stil angeht, eigentlich zur Bauzeit schon aus der Mode, nur in Preußen nicht, bei dem Herrscher, der Louis XIV. bewunderte und Louis XV. verabscheute. Die Besucher werden über auberginefarbene Paneelen wie auf Laufstegen durch die Räume geführt, damit der kostbare Bodenbelag von Highheels und Turnschuhen verschont bleibt, die guten alten Filzpantoffeln haben ausgedient!

Nun gut, wir stürzten im Erdgeschoss gleich in die Abteilung „Dynastie“, in der Bilder der weitläufigen Verwandtschaft Friederichs gezeigt werden, wie der Audioguide nett erläutert: „Es ist fast wie ein Stehempfang…“ Über mehrere Räume verteilt lernen wir die ältere Schwester Wilhelmine, die ungeliebte Gattin Elisabeth Christine oder die jüngere Schwester Amalia kennen, die für ihren Bruder die Gastgeberin im Neuen Palais gibt. Nichts aufregendes, nichts, was den Besucher zur aktiven Beteiligung einlädt. Einen Bildschirm mit einer Präsentation der Verwandtschaftsverhältnisse habe ich gesehen, mehr nicht.

Wir laufen weiter durch die Abteilungen „Horizonte“, hier durch den Grottensaal, den Friedrichs Baumeister als architektonische Kopie berühmter Bauwerke in Italien, dem fernen Osten und England gefertigt haben. Eine für Menschen des 20./21. Jahrhunderts ungewohnte Wanddeko aus Muscheln, Austern und Mineralien und das noch „all-over-ornamented“ (aka „horror vacui“!). Ich persönlich würde solch eine Wanddekoration nicht haben wollen, aber das möge nur als Bemerkung am Rande verstanden sein. Weiter ging es durch eine Galerie antiker Marmorstatuen, die teilweise im 18. und 19. Jahrhundert zu vollständigen Figuren ergänzt worden waren, wieder ein Hinweis auf Friederichs Ansicht, sich mit antiken Helden irgendwie auf eine Stufe stellen zu können. In der sich anschließenden Marmorgalerie stehen in einzelnen Tischvitrinen Tafelaufsätze aus Gold und Silber, aufwändige Vasen aus Meißner Porzellan und Kronleuchter aus Bergkristall. An den Tischvitrinen hängen kleine Täfelchen, auf denen der Preis für die Preziosen zusammen mit einem Vergleich einer Dienstleistung oder für Waren des täglichen Lebens vermerkt ist. Endlich einmal kommt die Ausstellung im Leben der „normalen Menschen“ an, sonst darf der Besucher nur staunen. Und auch das darf er in den nächsten Räumen, in denen es um das „Tagesgeschäft“ geht: Friederichs Tagesablauf ist das Thema. Sein Tag begann um halb sechs morgens und bereits um halb zehn abends fuhr der Preußenkönig zu Bette. Der Tag war durchgeplant, auch das Flötespielen und das allabendliche Konzert hatten feste Zeiten. Wir gleiten durch die „blaue“ und die „fleischfarbene“ Kammer, beides Warteräume für Besucher des Königs, und gelangen über das Konzertzimmer in die „rosa Kammer“, ein Arbeits- und Empfangszimmer bis hin in die Schlafkammer des Königs, in der er auf einem Reisebett geschlafen haben soll. Ein Ankleideraum gab es nicht, das erledigte der König höchstselbst. Wenig zurückhaltend war Friederich offensichtlich bei den Ausgaben für Essen und Getränke: seine Vorliebe für Früchte war so groß, dass auch im Winter Obst in großer Menge vorgehalten werden musste, aber nicht der Apfel aus dem Havelland, sondern Süßkirschen, Melonen und Pfirsiche, deren Beschaffung extrem kostspielig war.

Auch die „Verhältnisse“, Friedrichs Freundschaften im Laufe seines Lebens, sind Thema einer Abteilung. Hatte er als Kronprinz in Rheinsberg noch einen Kreis von Freunden um sich, erfährt er als König tiefgreifende Änderungen, ausgelöst durch seine oft herrische und überhebliche Art: Freunde fliehen aus Preußen oder sterben irgendwo auf dem Schlachtfeld. Am Ende seines Lebens ist Friederich ein einsamer alter Mann, der lieber seine Hunde und sein Pferd um sich hat. Das Skelett seines letzten Lieblingspferdes Condé steht als Exponat in voller (Lebens-)Größe in einer Vitrine!

An „Risiko und Ruhm“, die Teile der Ausstellung, in der es auch um die Kriege Preußens geht, sind wir schlichtweg im gleißend gelben Treppenhaus vorbei gelaufen. Wahrscheinlich brauchten wir eine Pause, die wir im kleinen Schlosstheater im Obergeschoss in Form eines kleinen Barockkonzertes bekamen. Eine halbe Stunde lang spielten zwei Solisten des brandenburgischen Kammerorchesters Stücke aus Friederichs Zeiten, sehr schön erläutert von einem der beiden. Ansonsten ist das Pausemachen etwas schwierig, es gibt zwar Sitzgelegenheiten in den Räumen und natürlich auch im Treppenhaus, aber in dem historischen Palast natürlich kein Café. Packt einen Hunger und Durst, gibt es nur eins: hinaus aus der Ausstellung. Im Ticket-/Shopzelt werden kalte Getränke und Eis verkauft. Sitzmöglichkeiten Fehlanzeige. Am südlich gelegenen Eingang zum Palaisbereich haben wir beim Hinausgehen dann aber doch eine Art mobiler Biergarten entdeckt, zu spät!

Das Obergeschoss hat von uns noch einmal alles ab verlangt. „Europa und die Welt“: Frankreich, Russland, Österreich, Großbritannien… Und hier war dann endlich ein guter alter Bekannter von mir: James Keith alias Jakob Keith und sein Hut, der ihm in der Schlacht von Hochkirch vom Kopf fiel! Und die Briten mochten Friederich so, dass eine Weile „King of Prussia“ ein beliebter Pubname war – eine Info aus dem Audioguide…

„Königsbilder“: wie wurde der König zum „alten Fritz“? Hier hat mich die Totenmaske des 74-jährigen mit den scharfen Gesichtszügen doch sehr berührt, die so anders ist als die vielen Bilder, die bekannt sind. Das einzige Exponat in der Ausstellung, vor dem ich wirklich lange stehen geblieben bin!

In der Abteilung „Körper und Seele“ wurde das Thema der Vater-Sohn-Beziehung aufgegriffen, aber auch das der sexuellen Präferenz des Königs endlich beantwortet. Angenehm ruhig und unaufgeregt wird dem Besucher erklärt, welche Bedeutung bestimmte Themen der griechischen Antike erfahren, wenn es um die gleichgeschlechtliche Zuneigung oder Liebe im 18. Jahrhundert ging. Und dass es Friederichs Zeitgenossen ziemlich klar war, dass des Königs Herz niemals heiß für Frauen schlug. „Zum äußersten“ sei es aber vermutlich nie gekommen. Woher die Ausstellungsmacher das zu wissen meinen, haben wir nicht erfahren.

„Im Wettstreit“ mit Europa stand Preußen auch im Hinblick auf Seiden- und Möbelherstellung, in Theater-, Opern- und Tanzaufführungen, am Ende steht der preußisch-friederizianische Stil mit einer Mischung von Altem und Neuem, rückwärtsgewandt und nach vorne blickend auf einmal.

Bei unserem Rundgang bin ich dann bei der „Entwicklungspolitik“, der Abteilung zur friederizianischen Aufklärung, Innen- und Wirtschaftspolitik leider museumskonditions- und aufnahmetechnisch in die Knie gegangen: meine optischen und akustischen Speicher waren dabei überzulaufen.

Tja, mein Fazit: „Friederisiko“ ist eine Ausstellung für Besucher, die mit den Grundzügen neuzeitlicher Geschichte Preußens und Mitteleuropas vertraut sind, sich auf die Person des bekanntesten Preußenkönigs und sein von ihm selbst geschaffenes Abbild  einlassen wollen und bereit sind, sehr viel Inhalt zu schlucken. Ich persönlich habe den Ausstellungstitel nicht verstanden, möglicherweise wäre er mir in der Abteilung zu den preußischen Kriegszügen klar geworden.

Gefreut habe ich mich über das freundliche Aufsichtspersonal, welches immer für einen Schwatz zu haben war!

Dass es kein Gästebuch für Kommentare der Besucher gibt, fand ich schade, so konnte ich meine lobenden Worte nirgendwo loswerden.

Achja, es empfiehlt sich, mit den öffentlichen Verkehrsmiteln anzureisen, für die Auslöse des Parkscheins hätte ich glatt einen halben Liter Bier in Stavanger am Hafen kaufen können. Ab dem Potsdamer Hbf gelangt man mit der Buslinie 606 (Richtung Potsdam – Golm) auch zum neuen Palais.

02
Okt
09

Tracing James K.

Vor nunmehr fast drei Monaten bekam ich Post aus Schottland, und zwar gewichtige: wunderbares Büttenpapier, wunderbarer Inhalt des Briefes, rein beruflich versteht sich, von einem Dozenten für frühneuzeitliche Geschichte der ersten Universität Schottlands an mich adressiert. Es ging dabei natürlich um schottische Geschichte und zwar um die Rolle, die schottische Soldaten im Dreißigjährigen Krieg in Diensten der schwedischen Armee in Deutschland spielten.

Da mein Büttenpapier gerade aufgebraucht war, entschied ich mich, ganz neuzeitlich per e-mail zu antworten. Kaum ein paar Wochen und fünf e-mails später stand ich eines Mittwochs im August in Schönefeld am Flughafen, um zwei Kollegen abzuholen. Außer dem Dreißigjährigen Krieg standen auch noch zwei Generäle Friedrichs des Großen auf ihrer „To-do-List“.

Bis zu jener schottischen Anfrage zu James und George Keith hatte ich zu meiner Schande weder von dem einen noch von dem anderen jemals gehört. Eine geschickte Internetrecherche bot mir jedoch die Möglichkeit, mich in aller Kürze zu informieren. Und so entstand die Idee, am ersten Tag ihrer Reise, auf den Spuren von James Keith in Berlin zu wandeln.

Das Leben von James Keith glich einer Art Achterbahn, sowohl in beruflicher als auch in privater Hinsicht. 1696 auf Inverugie Castle als jüngerer Sohn einer dem schottischen Hochadel angehörenden Familie geboren, hatte sich James Francis Edward Keith zusammen mit seinem älteren Bruder George 1715 und 1719 an den Jakobitenaufständen beteiligt und war daraufhin aller Besitzungen und Titel entsetzt und flohen aus Schottland. Frankreich, Italien und Spanien waren die Stationen seiner Exilzeit, bis er schließlich in russischen Diensten zwischen 1728 und 1747 immerhin Gouverneur der Ukraine wurde. Gefördert wurde seine Karriere bis zu ihrem Tod 1740 von Zarin Anna Iwanowa und danach von deren Nachfolgerin Elisabeth Petrowna. Eine einseitige und zu innige Zuneigung der Herrscherin zu ihrem wackeren Schotten brachte einen erneuten Einschnitt in James Keith Leben mit sich: obwohl er in den russisch-schwedischen Auseinandersetzungen (1741  – 1743) militärisch erfolgreich gewesen und faktisch Herr über Finnland war, bat er um die Entlassung aus der russischen Armee und wechselte 1747 nach Preußen, wo ihn Friedrich II. von Preußen hochbeglückt in seine Dienste übernahm und ihm 1749 den Governeursposten für Berlin übertrug.

Neben seinem farbigen Diener brachte James zwei Söhne und deren Mutter, einer Schwedin (da sind sich die Quellen nicht ganz einig: Waise oder Kriegsgefangene) namens Eva Mertens mit. Verheiratet waren James und sehr viel jüngere Eva nicht, denn sie war seiner Familie offensichtlich nicht standesgemäß genug. Die lebenslustige Eva verdrehte in den etwa zehn Jahren ihrer Potsdamer Zeit zwar nicht dem „alten Fritz“ den bezopften Kopf, wohl aber dessen Bruder Heinrich, so dass James von seinem Dienstherrn nach einer offensichtlich besonders berauschenden Ballnacht erfuhr, dass die inzwischen etwa 25-jährige Eva in Preußen zur persona non grata geworden war. Eva ging und James widmete sich fortan voll und ganz dem Siebenjährigen Krieg in den Diensten des gestrengen Preußenkönigs, der ihn und seinen älteren Bruder George zu seinem engeren persönlichen Umfeld zählte.

1758 fiel der inzwischen 62-jährige Feldmarschall schließlich während eines Überfalls der österreichischen Armee auf das an militärisch unglücklicher Stelle errichtete preußische Feldlager bei Hochkirch/Sachsen.

Der trauernde Preußenkönig widmete seinem Feldherren und Freund eine eigenhändig getextete Trauerode und ließ seinen einbalsamierten Leichnam 1759 in die Berliner Garnisonkirche überführen, sozusagen in der Hall of Fame der preußischen Militärs und derer, die sich um Preußen verdient gemacht hatten.

Aber zurück zu meinem schottischen Besuch: Unser kleines Projekt „Tracing James K.“ sollte am Zietenplatz, ehemals Wilhelmsplatz in Mitte losgehen, denn dort sollte das Denkmal von James stehen, welches im späten 18. Jahrhundert zusammen mit fünf weiteren Generalkollegen als Freiluft-Hall of Fame dort errichtet worden war. Immerhin hat es James Keith in Metallform hier bis in die letzten Kriegstage ausgehalten, erst Ende der 1940er Jahre wurde sein Abbild in irgendwelche Depots geschafft und verblieb dort, bis sich vor einiger Zeit  die Schadow-Gesellschaft an ihn erinnerte. Mit dem Ziel, Mitte wieder Teile seines historischen Antlitztes zurückzugeben, wurde James mit Spendengeldern fachmännisch restauriert und sollte nun mit den Kollegen wieder das Sonnenlicht erblicken. Nun begaben wir uns also mit einem kleinen Spaziergang am Brandenburger Tor vorbei Richtung Mohrenstraße/Wilhelmplatz. Man sah schon, dass die Wiederherrichtung des Platzes in den letzten Zügen lag, von weitem konnte man auch schon drei metallene Generäle erblicken. Mein Besuch begann schon, sich mächtig zu freuen! Aber, ach-weh!

Coming soon...

Coming soon…

An dem Platz, an dem James Francis Edward Keith stehen sollte, empfing uns ein großes Plakat mit der Ankündigung, dass er nach dem 24. September 2009 hier wieder zu bewundern sei. Also waren wir einen Monat zu früh dran! Noch war der Besuch nicht so enttäuscht.

Aber ich musste die beiden Herren schon vorsichtig auf den nächsten Punkt unseres Spazierganges vorbereiten. Südlich des Hackeschen Marktes stand jene Berliner Garnisonkirche, die eine der Ruhestätten von James Keith war. 1943 brannte die Kirche nach einem Bombentreffer vollständig aus. Nach Kriegsende wurde die bis dahin unzerstörte Gruft geplündert, schließlich die mehr als 200 Bestattungen in 47 Särge „zusammengepackt“ und auf den Südwestfriedhof in Stahnsdorf außerhalb von Berlin verbracht.  Die sterblichen Überreste des wackeren Schotten waren unter ihnen. Nach kurzer Zeit standen wir also zu dritt am Garnisonkirchplatz und betrachteten schweigend die Baustelle eines parkhausähnlichen Rohbaus, der sich dort in den Himmel reckt. Eine Überraschung hatte ich aber noch parat: 1873 hatte Adolph Menzel, der große Berliner Maler, Zeichner und Illustrator, in der Gruft der Garnisonkirche die in den Särgen liegenden Toten gezeichnet, unter anderem auch James Keith.

James Keith, 125 Jahre nach seinem Tod (Lit.:C. Keiscĥ / M. U. Riemann-Reyher (Hrsg.), Adolph Menzel 1815–1905. Das Labyrinth der Wirklichkeit. Berlin, Nationalgalerie im Alten Museum 7. Februar – 11. Mai 1997 (DuMont: Köln 1996).

James Keith, 125 Jahre nach seinem Tod (Lit.:C. Keiscĥ / M. U. Riemann-Reyher (Hrsg.), Adolph Menzel 1815–1905. Das Labyrinth der Wirklichkeit. Berlin, Nationalgalerie im Alten Museum 7. Februar – 11. Mai 1997 (DuMont: Köln 1996).

Darauf brauchten die Herren erstmal ein Bier! Während wir also gemeinsam diese nächsten Punkt meines Spaziergangs „verdauten“, erzählte ich ihnen von Stahnsdorf und fragte, ob sie Lust hätten, dort auch noch hinzufahren. Natürlich wollten sie, nichts anderes hätte ich erwartet.

Als wir dann gegen Abend auf dem Friedhof ankamen, mussten wir zunächst einmal auf’s Geratewohl loslaufen, denn trotz eines großen Friedhofsplans am Eingang, ging aus diesem nicht hervor, wo denn nun James Keith (vorläufig??) letzte Ruhestätte zu finden ist. Aber endlich hatten wir einmal Glück: trotzdem es schon nach 18 Uhr war, stand die Tür der Friedhofsverwaltung offen. Ich schlüpfte hinein und fand Herrn I., der mir sofort sagen konnte, wo die „Garnisonkirchengrabstätte“ ist. Dadurch mutig geworden, fragte ich, ob er denn wisse, ob Feldmarschall James Keith auch dort liegen würde. Er wandte sich einem Regal zu, in dem in langen Reihen dunkle Ordner und Bücher stehen, in denen die „Eingänge“ auf dem Friedhof verzeichnet sind. Leider fehlte der Band von 1949 gerade. Er versprach aber, sich zu melden, sobald der Band zurück sei.

Schnell gingen wir die letzten Schritte, an der Norwegischen Kirche des Friedhofs vorbei, auf einen kaum sichtbaren Weg in ein Wäldchen hinein. Nur wenige Meter später endete der Weg vor einem größeren Grab, welches durch einen schlichten Stein mit der Inschrift

Hier ruhen Tote aus zwei Jahrhunderten aus der alten Garnisonkirche zu Berlin 1949

kenntlich gemacht wurde, hinter der Umfassung noch ein großes Kreuz.

James Keiths letzte Ruhestätte in Stahnsdorf

James Keiths letzte Ruhestätte in Stahnsdorf

Steve und Adam standen stumm da, nach dieser langen Suche, die hier so unvermittelt endete, waren sie einfach überrascht und etwas erschrocken, dass nicht einmal die Namen verzeichnet waren. Nach einiger Zeit meinte Steve dann, dass er eine kleine Messingtafel stiften wolle. Ich versprach, zu fragen, ob das möglich sei.

So endete die Suche nach James Francis Edward Keith (sprich: ki:θ), der auch preußisch Jakob von Keith (sprich: Keit) genannt wurde. Ob er sich hat träumen lassen, dass er auch nach seinem Tod keine Ruhe finden würde? Dass er 221 Jahre nach seinem letzten Einsatz für Friedrich den Großen weder in Schottland noch in Berlin ganz vergessen ist, hätte ihn sicherlich gefreut.

Nachtrag: Inzwischen habe ich von der Friedhofsverwaltung den Auszug aus dem Bestattungsregister bekommen, James liegt wirklich bei ihnen.

1949, 191 Jahr nach seinem Tod vom Generalfeldmarschall zum Generalleutnant degradiert!

1949 vom Generalfeldmarschall zum Generalleutnant degradiert (Name von mir etwas hervorgehoben)

Auszug aus unbekanntem Buch 19. Jh., Bild hängt im Bode-Museum

Auszug aus unbekanntem Buch 19. Jh., Bild hängt im Bode-Museum

James auf dem Zietenplatz

James auf dem Zietenplatz, vollständig preußisiert als „Jakob von Keith“




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