Home is where the heart is, heißt es ja. Aber Heimat sind auch die Gerichte, die man mitbringt, die auf der Zunge das Gefühl von Vertrautem und Geborgenheit vermitteln, oder auch Erinnerungen an die Kindheit, als die älteren Verwandten, vorzugsweise die Großmütter, diese zubereiteten.
Der schlesische Teil meiner Geschmacksknospen verbindet mit Weihnachten die berühmte Weihnachtstunke, die zur Weihnachtstradition meines oberschlesischen Großvaters gehörte. Meine Großmutter, die ja aus Riegersdorf/Podworow stammte, lernte dieses erst nach der Hochzeit kennen. In ihrer Familie gab es, wenn ich mich richtig an ihre Erzählungen erinnere, eher die „Mohnkließla“ zu Weihnachten. Sie bereitete sie als nachmittägliche Speise zu, denn abends wollte mein Großvater seine Tunke haben. Wenn wir dann am 1. Feiertag bei den gesamtschlesischen Großeltern Weihnachten feierten, begleitete uns eine bunte Mischung von Töpfchen und Paketen auf unserem Heimweg von Paderborn zurück in das Weserstädtchen auf der anderen Seite der Egge: immer reichlich Tunke, nur selten Mohnkließla und auch etwas Kartoffelsalat.
Die Mohnkließla erfuhren dieses Jahr eine Renaissance bei mir, denn sie waren ein selbstzubereitetes Mitbringsel von Frau indica, die ich zum schlesischen Abend eingeladen hatte. Sie kennt das Gericht ebenfalls aus dem familiären Umfeld, fand aber bislang niemand, der diese vermeintlich exotischen Gerichte bei ihr kosten möchte. Ich rief gleich laut „JA!“.
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Frau indica hatte das Dessert etwas zeitgenössisch aufgepimpt, denn das Weißbrot war Ciabatta, der Mohn war nicht mit der eigenen Mohnmühle gequetscht, sondern im Bioladen bereits vorgequetscht erworben, nachdem ihr beim Bäcker ihres Vertrauens vom Lehrling versichert worden war, dass es sowas nicht gäbe und die Rosinen bereits am Vortag liebevoll im
Rum Sherry (sic!) gebadet.

aus: Henriette Pelz: Schlesisches Kochbuch – für bürgerliche Haushaltungen enthaltend leicht verständliche und genaue Anweisungen zum Kochen, Braten, Backen, Einmachen, Pökeln, Räuchern, Getränkebereiten etc. Breslau 1894, S. 125, digitalisat hier: http://digital.slub-dresden.de/id31239277X
Mohnkließla
500 ml Milch
150 g Mohn, (wenn möglich grauer)
5 EL Rosinen
2 cl Rum
8 – 10 Scheiben altbackenes Weißbrot, entrindet
70 g Zucker
50 g gehackte Mandeln, geschälte
50 g gehackte Haselnüsse
nach Belieben
abgeriebene Zitronenschale;
Zimt, Kardamom, etwas gemahlene Nelke (oder Pfefferkuchengewürz)
Zubereitung:
Zunächst den Mohn mit einer Mohnmühle quetschen, die Milch erhitzen, die Hälfte des Zucker zugeben, auflösen lassen. 150 ml der Milch über den Mohn geben, diesen quellen lassen, Zitronenschale und Gewürze nach Belieben dazugeben.
Die Rosinen mit heißem Wasser übergießen, nach kurzer Zeit abgießen, dann mit dem Rum übergießen, ebenfalls quellen lassen.
Unter die Mohnmassen die Mandeln, Nüsse und die Rosinen heben, nochmals mit Zucker und Gewürzen abschmecken.
Die Weißbrotscheiben mit der restlichen Milch tränken, dabei sollen die Scheiben aber nicht zerfallen.
Nun die Weißbrotscheiben und die Mohnmasse abwechseln in eine passende Auflaufform schichten, mit einer Lage Mohnmasse abschließen und einige Stunden, besser noch über Nacht durchziehen lassen.
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