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Langes Fädchen

„Langes Fädchen, faules Mädchen“ ist eine alte Spruchweisheit für stopfende oder nähende Mädchen. Für Weber dürfte sie nicht gelten, denn das hätte ein eher instabiles Gespinst zur Folge. Frau Lakritze mit ihren scharfen Augen hat sie im Bildhintergrund entdeckt, die langen Fäden und hier sollen sie nun gewoben werden.

Farbenfrohes Muttersholtz

Farbenfrohes Muttersholtz

Im Vorfrühling Ende März war ich mit meiner Schwester zur ersten schwesterlichen Urlaubsreise seit Kindertagen aufgebrochen, die uns unter anderem ins Elsass führte. Nach einem mächtig verregneten Aufenthalt in Strassbourg machten wir uns Richtung Süden gen Colmar auf. Die Sonne brach durch die Wolken, das Thermometer kletterte auf behagliche 12°C und wir waren hochzufrieden. Meine Schwester als Beifahrerin hatte uns eine schöne Tour durch die kleinen bunten Dörfer rund um Séléstat ausgesucht und als Zwischenstopp eine traditionelle Weberei vorgeschlagen.

„Kelsch“, so heisst der traditionelle Leinenstoff in Karooptik, der nur noch in ganz wenigen Webereien entsteht und zu solch einer führte uns unser Weg.

In Muttersholtz, etwa 6 km östlich von Séléstat, kann man die Erzeugnisse der „Tissage Gander“ anschauen und erwerben. Michel Gander ist in siebter Generation Weber, seine Erzeugnisse dürfen sich aus einer „Entreprise du Patrimoine Vivant“ stammend nennen, ähnlich der „Appellation d’Origine Controllé“ für Nahrungsmittel. Der Lein wächst in der Normandie, also auch ein „einheimisches Erzeugnis“.

Was den Webstuhl verlässt sind Leinenstoffe und ein Lein-Baumwollgemisch, je nach Verwendungszweck und liegen in dicken Rollen als Meterware in vielen verschiedenen Karokombinationen, auch in uni und naturfarben, auf den langen Tischen, in offenen Schränken fertig konfektionierte Tischdecken, Handtücher, Kissen- und Bettbezüge.
Mir war klar, dass ich hier nicht ohne Einkauf wieder gehen würde. Eine lange Tischdecke von mindestens 2,5m wollte ich haben, nicht sehr bunt sollte sie sein.
Mit der freundlichen Verkäuferin kamen wir schnell ins wechselweise französisch und deutsch geführte Gespräch, sie war einst einige Monate zum Deutschlernen in Bonn gewesen. Es war dasselbe Jahr, als dort Bundesgartenschau war, zu der ich von meiner Oma mitgenommen wurde. Als Kind fand ich es langweilig, die Verkäuferin erinnerte sich voller Freude an die Blumenpracht. Die Welt ist ein Dorf, Globalisierung hin oder her!
Beladen mit einer langen Tischdecke, zwei Handtüchern (als Kleindecke in Gebrauch) und einem Tischläufer verließen meine Schwester und ich den Laden. Und Frau Lakritze: das ist noch lange nichts für das Stopfblog dabei! ;-)

Verkauf: 10A rue de Verdun; 67600 MUTTERSHOLTZ; Alsace – FRANCE

Öffnungszeiten: Montag bis Samstag von 14h00 bis 17h30, und auch von Dienstag bis Freitag von 9h30 bis 12h00
Sontag und Feiertage : geschlossen

Tel +44 (0)3 88 85 15 32
web tissage-gander.fr/


7 Antworten to “Langes Fädchen”


  1. 16. Juni 2013 um 15:34

    Muttersholtz, was für ein Name! Und Kelsch (immer wieder schön, ein neues Wort zu lernen) gibt es zum Glück auch gestreift.

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  2. 16. Juni 2013 um 16:56

    Wunderbare Leinenstoffe, toll.

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  3. 16. Juni 2013 um 18:10

    @Afra, ja, „kleinkariert“ muss nicht sein ;-)
    @kormoranflug, stimmt, macht sich auch gut auf meinem Tisch..

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  4. 4 karu02
    18. Juni 2013 um 11:00

    In solchen Läden riecht es auch nach den Stoffen, ist das richtig? Ich hatte es beim Anschauen der Fotos jedenfalls in der Nase.

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  5. 22. Juni 2013 um 09:32

    Oh, ist das wunderbar. Ich weiß gar nicht, was mich mehr entzückt — die langen Fäden selbst oder die unsichtbaren, die die prächtige mit der langweiligen BuGa verbinden. .)
    Ich drücke die Daumen, daß das Stopfen noch lange nicht fällig ist. Aber darf ich trotzdem re-bloggen?

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  6. 22. Juni 2013 um 12:05

    @karu, ja, du liest mit allen Sinnen ;-) es duftete nach Stoffen, aber auch nach Lavendel, welches sie im Wäschesäckchen anboten.

    @lakritze, gerne darfst du es rebloggen…

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  7. 22. Juni 2013 um 12:14

    Hat dies auf Stopfblog rebloggt und kommentierte:
    Kleine Ferien mit Richensa: ein Ausflug zu den Webern im nördlichen Frankreich. Und möge die Stopfnadel noch lange fernbleiben –!

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