Seit etwa zehn Jahren hatte sie hier ihren kleinen Laden, die Buchhandlung, die sich auf Kochbücher spezialisiert hat. Brit Lippold war eine der ersten, die in der Alten Schönhauser Straße einen Laden eröffnete und sich hier in einer literarisch-kulinarischen Nische einrichtete. Die Kochkurse kamen hinzu, eine wunderbare Kombination. Der Name ist Programm: Kochlust..
Vor etwa vier Jahren kam ich zum ersten Mal in den Laden, der hell und freundlich sich deutlich von den Lifestylegeschäften unterscheidet, die sich hier inzwischen angesiedelt haben. Ich schaute durch die Regale, schmökerte gemütlich auf der Bank am Schaufenster mit einem Stapel Bücher neben mir. Zwei wunderbare Bücher mit Rezepten mit Karamell und Schokolade erwarb ich am Ende meines ersten Besuches und gelobte der netten Chefin, dass ich wiederkäme und auch meine Schwester mitbringen würde.
So kam es dann auch; meine Schwester begleitete mich bei ihrem nächsten Besuch in die Alte Schönhauser Straße und war ebenso wie ich schlichtweg begeistert. Brit Leipold konnte sogar in Notfällen wie: „wo bekomme ich Schokoladenhohlkörper für die Pralinenproduktion?“ helfen. Sie hatte fast immer welche vorrätig, in weißer, in milchschokoladener und in herber Schokoladenausführung.
Kochbücher über alte Apfelsorten, die Vorratshaltung, Pasteten und Terrinen, Fisch, Provenceküche, Birnen, Schokolade, immer wieder Schokolade wanderten über die Ladentheke in unsere Büchertaschen. Das gute alte „Backen macht Freude“ hätte man auch erwerben können, den Klassiker für die angehende Hausfrau aus dem Hause Dr. Oetker, aber über das Stadium sind wir ja hinaus. Besonders gefallen hat mir immer die fundierte Beratung von Frau Leipold und ihren Mitarbeiterinnen, dies war auch der Grund, dass man auch in Zeiten der Kochblogs immer mal wieder kam.
Nun ist die Zeit an der Alten Schönhauser vorbei: Brit Leipold hat letzten Samstag in ihrem Geschäft ihren Abschied vom Ort mit ihren Kunden gefeiert. Es war ein sehr zwiespältiges Treffen, denn der Weggang hat ja, wie sie erzählte, eine Menge Gründe: zum einen, sagte sie, habe sich die Gegend so verändert, dass sie sich nicht mehr wohlfühlt, denn das gehypte Mitte mit seinen chicken jungen Touristen, die zum Edelshoppen herkommen, hatte sich sehr verändert. Zudem steigt die Miete und zu guter Letzt wird sie den Laden nach Kreuzberg an den Moritzplatz umziehen. Die Traurigkeit über das Ende der Zeit an der Alten Schönhauser habe sich schon etwas gelegt, meint sie, es sei die Zeit für etwas Neues.
Die Küche wurde letzte Woche aufgelöst, alle Utensilien waren unschlagbar günstig zu erwerben, es blieb aber ein komisches Gefühl dabei, als würde man nach einer Beerdigung zu schnell den Nachlass auflösen. Die Mitarbeiter bemühen sich auch, nicht gar zu traurig zu erscheinen, wir plaudern darüber, wie die letzten Jahre am Standort waren. Eine erzählt davon, dass sie sich in der Gegend zunehmend unwohl gefühlt habe, dass sie, sobald sie abends den Laden abgeschlossen hatte und in ihrem eigenen, manchmal schon müden Tempo unterwegs war, von den Passanten mit ihren Einkaufstüten wie eine Unsichtbare angerempelt wurde, einfach nicht mehr als Mitmensch wahrgenommen wurde und sich darüber sehr erschrocken habe. Sie freue sich auf den neuen Standort, sagte sie leise und lächelt mich an, als ich wieder ein Buch von ihr entgegennehme und in meine Tasche gleiten lasse. Ab April geht’s am Moritzplatz 1 im ehemaligen Bechsteinhaus weiter.
Ich freue mich schon!
Da freue ich mich schon auf den neuen Laden in prominenter Umgebung.
Der Türgriffhersteller FSB wird hier sein neuen flagship-store eröffnen, die Bastel-Zentrale mit ungezählten Materalien der Firma Modulor soll auch an den Moritzplatz kommen. Für mich ist der Anflug näher und an der Schönhauser können noch mehr etablierte, jugendliche Modelabels aufmachen.
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Ihr habt es gut in Berlin.
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@kormoran, FSB aus Brakel, Kr. Höxter, Ostwestfalen nun auch in Berlin! Da schau her!
Für mich ist die „Kochlust“ auch näher dran und ich freu‘ mich drauf!
@karu, komm doch einfach häufiger hier her, da würde ich mich auch freuen… also noch mehr freuen…
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Ich hatte schon fast Angst, dass sie zu machen, aber so lange nur eine andere Adresse ist, puh! War beim letzten Mal nicht im Laden, um mein Konto zu schonen, aber beim nächsten Mal bestimmt :-)
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Kleine Träne im Knopfloch. Die Pioniere der 90er müssen der Szene-Krake weichen, die sich um die Weinmeisterstraße und die Torstraße entlang ausbreitet. Von den Hackeschen Höfen hinauf und vom Preagnant Hill hinunter ist die Nahtstelle, die Verbindung nun erreicht.
Die Mieten steigen, die Konzepte und das Zielpublikum ändern sich.
Gerade neulich sprachen wir in munter-wehmütiger Runde über die verschwundenen Orte dieses Viertels (bei mir sind das zwangsläufig kulinarische Orte). Erinnert sich noch jemand??:: Eimer, Cibo Matto, Schwarzenraben, Modellhut, Kulturhaus Mitte, Hole in the wall, Onyx, Mittwochsklub…
Jetzt ist die Gegend am U-Bahnhof Weinmeisterstraße dran. Der Comicladen ist auch schon raus. Kochlust ist auch zum Urgestein geworden. Bücher stöbern, oder nach dem Kochkurs noch in die Ponybar…schön wars.
Mit kompetenter Beratung, eigenwilliger Attitüde und etwas sprödem Charme wurde hier immer noch deutlich, dass man sich im ehemaligen Osten befindet. Nun geht es also in den Wilden Westen nach Kreuzberg. Oranienkiez. Ich bin gespannt. Good Luck! Hier sind schon ganz andere gescheitert.
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Was für ein Laden — ich drücke unbekannterweise alle Daumen!
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