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Ländliche Impression

Als ich im letzten Sommer einige Wochen in Pinnow bei Angermünde logierte, nutzte ich die Abende, um den einen oder anderen Spaziergang durch das Dorf zu unternehmen. Auf den ersten Blick ist nicht viel über den kleinen Ort zu berichten, er ist Verwaltungsmittelpunkt der Gemeinde „Oder-Welse“. Neben einer Feldsteinkirche aus dem 13. Jahrhundert ist noch der aufwändig restaurierte Gutshof mit seinen großen Feldscheunen zu erwähnen, die das Bild des Dorfkernes prägen.

Die interessanten Ziele finden sich, wie so oft, jenseits der sauber gefegten Hauptstraße. So auch hier: jeden Morgen und jeden Abend rumpelte das Auto mit mir über das Kopfsteinpflaster  am Laden des Dorfes vorbei. Immerhin, es gibt noch einen!

Der Putz blättert in großen Plaggen von der Wand, staubiger Löwenzahn und mutige Grasstengel kämpfen sich durch den festgetretenen Sand vor den beiden Schaufenstern. Ein brauner Handlauf hält entweder zu neugierige Kunden davon ab, sich die Nase an den Fensterflächen platt zu drücken oder hilft, zielgerichtet die Eingangstür des Ladens zu treffen.
Leider passten die Öffnungszeiten des Ladens und meine Arbeitszeiten so gar nicht zusammen, wie ich anlässlich meines Kennenlern-Spazierganges durch das Dörfchen feststellen musste.

Der Laden in Pinnow

Das Schild neben der Eingangstür verriet mir außerdem, dass die Inhaber des Ladens auch mit einem fahrbaren Laden in den noch kleineren Dörfern der Umgebung touren, wo es gar keine Möglichkeit zum Einkauf gibt.

Aber schließlich hatte ich doch noch Glück und konnte den Laden von innen kennen lernen: ich brauchte ganz dringend Grillbesteck, welches ich beim vorabendlichen Großeinkauf im nahe gelegenen Angermünde vergessen hatte.

Große Hoffnung auf Erfolg hatte ich nicht, als ich durch die Tür trat. Ein freundliches Glockenläuten verkündete mein Erscheinen. Aber ich war ja nicht die Einzige an diesem Nachmittag. Die Frau in weißem Kittel, wohl die Besitzerin hielt einen freundlichen Schwatz mit zwei älteren Damen und einem Herrn, die ihre Einkaufstaschen schon gefüllt hatten. Freundlich wurde ich begrüßt und gemustert, das Gespräch verstummte aber. Ich schaute mich in den beiden großen Räumen um. Die Metallregale, nicht mehr ganz neu, waren mit allem, was man irgendwie brauchen könnte, gefüllt, keine Extravaganzen, ein Landladen eben, wo man Suppennudeln und Schrubber, Dauerwurst, Kernseife und Toilettenpapier finden kann. Aber Grillbesteck?

Ich bewegte mich wieder auf die Gesprächsrunde zu und fragte die kittelbeschürzte Besitzerin, ob sie denn wohl das Gesuchte im Angebot hätte. Kurzes Zögern, es wurde überlegt, dann aber hellte sich ihr Gesicht zu einem freundlich-triumphierenden Lächeln auf: Ja, sie hätte noch Grillbesteck, aber nur noch einmal und nur etwas einfaches. Genau das würde ich suchen, erwiderte ich. Sie ging zielstrebig durch eine Tür in den Lagerraum nach hinten und kam mit einem Satz Grillbesteck in Plastikhülle zurück. Etwas umständlich wischte sie den Staub von der Tüte und hielt sie mir hin. Ja, genau das, was ich wollte! Für Gabel, Grillzange und Wender zahlte ich 1,99 Euro und verließ den Laden hochzufrieden.

Hinter mir ging das Gespräch weiter….


13 Antworten to “Ländliche Impression”


  1. 1 kormoranflug
    12. Februar 2010 um 20:46

    Ein toller Laden: die Schrift, das Haus, das Ambiente.
    Grillage!

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  2. 2 richensa
    12. Februar 2010 um 21:47

    Und es gibt sie noch da draußen, die kleinen Läden irgendwo da auf dem Land…

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  3. 5 opavati
    13. Februar 2010 um 11:01

    WtB ist das doch eine wunderbare Zusammenfassung. Bein „Tausend kleine Dinge“ gabs keine Lebensmittel. Schönes Foto.

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  4. 13. Februar 2010 um 19:07

    Schönes Bild. Und der beste aller möglichen Namen für einen Dorfladen!
    Wenn ich solche Geschäfte sehe, hoffe ich immer, daß sie ganzganz lange durchhalten. So lange, bis all die Auf-der-grünen-Wiese-Käufer zu alt zum Autofahren sind und froh sind, daß es das noch gibt.

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  5. 11 dragonacat
    13. Februar 2010 um 20:16

    Nein, wie geil ist das denn!!!! Den gibt es immer noch?!? Da war ich immer in der Mittagspause auf meiner allerallerersten Grabung 1998! Zuerst was essen in der Kantine der Nammo Buck Werke und danach auf zum WTB. Da hab ich mir immer meine nachmittägliche Schoki-Dosis geholt (und musste auf die harte Tour lernen, dass es nicht so gut ist, einen Marsriegel in der Grabungshose zu tragen – gibt merkwürdige Flecken)
    Und ich war in’ner ganz ganz räudigen Pension, so mit 70er Jahre DDR-Tapete, so in orange und braun. Und hässlichen Deckchen auf den Möbelregalen, die so alt waren, dass es zum Zeitpunkt der Erbauung noch hipp war, denen Stelzen anzubringen.
    Och schnüff, jaja, lang lang ist’s her…

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  6. 13 karu02
    18. Februar 2010 um 19:29

    Der Laden sieht so aus, als führte er auch noch Kohlenschaufeln, die schmalen, wie man sie früher hatte, mit Holzgriff. Eine anrührende Entdeckung hast Du gemacht, danke für die schöne Beschreibung.

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