Archiv für Dezember 2008

29
Dez
08

Gefühltes

Endlich haben die Außentemperaturen die jahresendzeitlichen Tiefen erreicht. Dabei ist es heute sonnig gewesen, blitzeblauen Himmel gab es dazu.
Auch wenn ich fast geneigt war, lange Unterhosen anzulegen, war der Spaziergang doch wunderbar, trotz eiskalter Ohren und nur noch lauwarmer Finger. Auf dem Landwehrkanal waren auch die ersten Eisschollen zu sehen. Wunderbar!

Und dann ein toller Sonnenuntergang! Leider hatte ich keine Kamera dabei, daher gibt es als Schmankerl einen aus der Retorte, aus dem Februar 2006, kurz bevor die unselige O-zwei-Arena jedwede Sicht von der Warschauer Brücke auf diese wunderbaren Wintersonnenuntergänge in der Stadt unmöglich machte:

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24
Dez
08

Frohe Weihnachten 2008 (mit Rückblick auf 1987)

Liebe Leser und Leserinnen,

ich wünsche allenthalben schöne Festtage, ohne Stress, ohne Familienstreit und natürlich mit zauberhaften, liebevoll ausgesuchten Präsenten!
Mit dem Heiligen Abend verbinde ich eine ganz besondere Geschichte, nein, nicht die von Peter Handtke und der „Möhre“, sondern die mit einer Rinderzunge und meinem Vater.
Meine Mutter starb im Oktober 1987, mein Vater wollte an dem darauf folgenden Weihnachtsfest natürlich alles so „wie immer“ haben. Leider schloss das die Rinderzunge in Madeirasoße als Weihnachtsessen mit ein.
Und wie jeder ambitionierte Hobbykoch weiß, muss das graue Ding in einer Suppe erst ordentlich weich gekocht und dann gehäutet werden. Sodann wird es in Scheiben geschnitten und in der madeiralastigen Soße wieder erwärmt. So lautete zumindest unser Familienrezept. Dazu gab es Reis und, solange ich mich erinnern kann: Dosenpfirsiche mit Preiselbeermarmelade darin als kulinarische Krönung.
Ehrlich gesagt, schüttelt es mich heute in Gedanken an dieses „Festessen“! Aber damals war es halt so.
Nun rückte der Heiligabend heran, mein Vater hatte beim Metzger seines Vertrauens das DING vorbestellt. Anklagend lag die ausgestreckte Rinderzunge dann in der Papierverpackung vor mir auf dem Küchentisch. Meine Schwester, damals süße fünfzehn, saß mir gegenüber und schaute genauso anklagend wie der einstmalige Besitzer der Zunge geschaut hätte, wären die Augen nicht längst… ahh… neee..!
Nun denn, nach ausführlichem Studium der Kochnotizen meiner Mutter in dem handgeschriebenen Kochbuch aus ihrer Zeit als „Pflegevorschülerin“, warfen wir die Zunge mitsamt ordentlich Wasser, Suppengemüse und Brühwürfeln in den Dampftopf. Feuer unterm Topf und dann verzogen wir uns erleichtert aus der Küche.
Wie auch heute noch an Heiligabend-Nachmittag kamen eine Menge Filme, die sonst während des Jahres nicht zu sehen waren: „Drei Nüsse für Aschenbrödel“ und so weiter.
Wir beiden hingen einträchtig gebannt vor der Flimmerkiste. Währenddessen hing unser Vater im Vorgarten in der Blautanne und reparierte die Lichterkette. Der Weihnachtsbaum im Wohnzimmer, welches wir auch im Alter von 18 und 15 Jahren vor der Bescherung nicht betreten durften, prangte schon in vollem Schmucke.
Wir schauten dem Aschenbrödel zu und hatten die Welt um uns herum und die Zunge im Brühebad längst vergessen. Dann erschien auch noch der Freund meiner Schwester, der liebe Änne, und wir schauten zu dritt.
Keiner hatte das Pfeifen des Dampftopes bemerkt, welches seit geraumer Zeit durch die Küche gellte. Nur mein Vater stieg alarmiert aus Garten und aus dem Keller in die Küche und vermeinte, eine Winzigkeit Angebranntes zu riechen. Er zog den Topf vom Feuer, holte tief und lange Luft und schrie durch das Haus: „DIE ZUNGE IST ANGEBRANNT!“
Meine Schwester und ich rannten in die Küche, währenddessen hatte mein Vater längst den Überdruck aus dem Topf abgelassen und dampfte in der dampferfüllten Küche selber auch, aber vor Wut.
Die Zunge holte er mit einer langen Fleischgabel aus der Brühe, warf diese mit schmatzendem Schwung auf einen großen Teller und suchte das graue Ding nach Spuren von Verbrennungen zweiten und dritten Grades ab.
Als er keine fand, nahm er einen Suppenlöffel und kostete die Brühe. Wieder meinte er RÖSTAROMEN festgestellt zu haben. Nun war es um seine Fassung vollends geschehen! Dazu muss man wissen, dass mein Vater klare Suppen sehr, sehr gerne isst, ihren Geschmack allerdings stets mit MAGGI (sehr westfälisch!) verfeinert.
Mein Vater konnte sich nun nicht mehr beherrschen! Er riss den Topf mit der überschwappenden heißen Flüssigkeit an sich, rannte, mit uns Schwestern im Gefolge, wie ein Komet mit Schweif durch die Haustür nach draußen und beförderte den Inhalt mit einem Schwung unter den Apfelbaum vor dem Haus. Dieser zuckte schmerzhaft zusammen. Währenddessen stand Änne mit offenem Mund und weitaufgerissenen Augen an der Haustür und beobachtete fasziniert-fassungslos das Spektakel…..
Als unser Vater und der leere Topf wieder wieder das Haus betraten, war ersterer blass um die Nase, holte erneut Luft und schrie, wirklich er schrie: „ICH BAU DEN BAUM AB!“ Für meine Schwester und mich war klar, er meinte den Weihnachtsbaum, der mit dem seit 1965 immer wieder eingesammelten und fingerkurzen Lametta, den mit den seit 1965 verblichenen Weihnachtskugeln, den mit der Krippe unter den breiten Ästen!
Meine Schwester und ich mussten uns nicht anschauen, wir waren uns erstmals seit ca. 15 Jahren einig! In höchstem Sopran kreischten wir unisono:
„OH BITTE BITTE NEEEEIN!“

Dieses Theater ging noch ein paar Mal hin und her, schlussendlich blieb der Baum stehen, die Suppe fiel aus, denn die lag ja unterm Apfelbaum, aber die Zunge wurde aus der Haut gepellt und nach oben beschriebenem Rezept zubereitet.
Ich brauche wohl nicht zu erwähnen, dass es nie wieder „Zunge in Madeira“ bei uns zu Weihnachten gab.
Und im übrigen wurde der Dialog „Ich bau‘ den Baum ab!“ und „Oh bitte bitte neeeein!“ bei meiner Schwester und mir zu einer festen Redewendung, die wir bei allen passenden und unpassenden Gelegenheiten von uns geben.
Wir können dann lachen, bis uns die Tränen die rosigen Wangen herunterlaufen. Und wat freu‘ ich mich, sie morgen zu sehen!
Unterm Weihnachtsbaum bei meinem Vater…. das fingerkurze Lametta und die verblichenen Kugeln werden auch da sein…
Wat schön!

21
Dez
08

Klippklapp

Achja, das Klapprad! Es ist neuerdings das Fortbewegungsmittel der coolen Friedrichshainer oder Prenzlauerbergbewohner, oder zumindest derer, die sich dafür halten.
Ich kann da natürlich nur mit den Schultern zucken, denn ich kann dem Ganzen irgendwie noch nicht so recht das Trendige abgewinnen. Eigentlich kann das wahrscheinlich kaum einer, der in den 1970er und 1980ern mit so einem Gefährt durch die Gegend fahren musste und sich die Seele aus dem Leib gestrampelt hat. Weiterlesen ‚Klippklapp‘

21
Dez
08

Militärisches

Tja, der dreißigjährige Krieg und seine unmittelbaren Auswirkungen halten mich ja schon seit einiger Zeit in Aufregung. Es verlangte mich sogar, meine Schulkenntnisse, die bei „ca. 1618 – 1648“ lagen, ordentlich aufzupeppen.
Nun war ich im November 2007 in Wien, wo damals eben der Kaiser des Heiligen Römischen Reiches deutscher Nation residierte, und erhoffte mir vom Heeresgeschichtlichen Museum weitere Einblicke, die ich in Wittstock im Museum des Dreißigjährigen Krieges noch nicht bekommen hatte. Weiterlesen ‚Militärisches‘

13
Dez
08

Landpartie mit Heinrich Heine

Eines habe ich inzwischen in Brandenburg gelernt: vertraue den Straßenschildern nicht unbedingt, auch wenn eine Kilometerangabe darauf steht. Irgendwann habe ich einmal gelesen, dass man nicht immer dieselbe Strecke für einen täglich wiederkehrenden Weg wählen soll, um das Gehirn in Schwung zu halten. Dummerweise habe ich an jenem Tag im Juni gedacht, dass ich das unbedingt einmal ausprobieren sollte: Nicht immer die gut ausgebaute, schön zu befahrende Straße zwischen Rosengarten und Pillgram benutzen, dachte ich mir! Nein, an jenem Tag sollte es mal die andere Strecke zwischen Lichtenberg und Pillgram sein, schließlich hatte ich die Straßenschilder mit dem Hinweis „Pillgram“ schon gesehen. Mein Auto war übrigens zwei Tage vorher mit mir in der Waschanlage und glänzte noch so schön schwarz-lacken. Also bog ich in Lichtenberg, dem Hinweisschild ohne Kilometerangabe folgend, ab. Kaum war das Schild außer Sichtweite, verengte sich die Straße, zunächst unmerklich, dann wechselte der Belag von Teer zu Betonsteinen, die auf das Befahren mit einem hübschen Klicken unter den Rädern reagierten. Kaum hatte ich mich auch daran gewöhnt, wechselten die Betonsteine zu Kopfsteinpflaster, der Bewuchs links und rechts wurde etwas wilder, Kühe nickten mir von der Weide rechts aus zu. Ein kleines Wäldchen spendete Schatten. Leider verschwanden nun auch die Pflastersteine, um ausgefahrenen Spuren im Matsch vorzulassen. Längst war der Weg natürlich so eng, dass selbst ich, mit Berliner Parklückeneinparkerfahrungen, nicht mehr wenden in zwei Zügen ausprobieren konnte. Rückwärts bis Lichtenberg wollte ich auch nicht fahren, was hätten die Kühe wohl von mir denken können?? Also, Augen auf und durch! Der Matsch schwappte gluckernd bis auf Fensterhöhe und zweimal setzte der Wagen auch auf.

Eigentlich wäre dieses die perfekte Umgebung, um so einen Film über Heinrich Heine zu drehen, der in einer Kutsche, die den Ärmsten entsetzlich durchschüttelt, durch Deutschland fährt und Verse voller Abscheu über Teutonien schmiedet.

„Die Sonne ging auf bei Paderborn

beleuchtet die dumme Erde.“

mit stark verdrossner Gebärde,

sie betreibt in der Tat ein verdrießlich Geschäft,

beleuchtet die dumme Erde.“

Ach Herr Heine, wie wahr!

Diese Etappe meiner „tour de Brandenbourg“ hat, wie ich später durch einen Blick auf die Uhr feststellen konnte, nur ca. 20 min gedauert, mir kam es wie eine Ewigkeit vor. Allerdings habe ich mehrfach angehalten, um die Straße, nein, diesen mittelalterlichen Pilgerweg im Bilde festzuhalten. Und ich habe mich sehr gefreut, als ich das Ortsschild von Pillgram endlich sah!

02
Dez
08

Driehorst oder: Prost Mahlzeit!

Das kulinarische Angebot im Wesertal um Höxter ist ja recht überschaubar. Zumeist urteilt der Einheimische ja danach, ob der Teller auch ordentlich gefüllt ist. Kleine Portionen werden gleich als „war ja nicht so doll“ abgewatscht. Und bei Driehorst versuchen sie den Spagat zwischen „vollem Teller“ und etwas besserer Küche. Dass ersteres gelingt, dafür ist mein Vater ein guter Beweis. Er geht, wann immer er mal groß zum Essen einlädt, zu Driehorst. Und es ist gar nicht so einfach, einfach mal so hinzugehen, ohne Tischbestellung läuft fast nichts mehr. Allerdings trifft man auch mal eine ganze Busladung hungriger Mäuler, die bei „Driehorst auf’m Saal“ eine lustige Sause machen. Anfangs war Driehorst nur der Dorfbäcker, der auch eben jenen Saal hatte, wo man sich zum Schwoof traf. Kulinarisch war da nix: Bockwurst, Bier und Platenkuchen, der in anderem Zusammenhang auch nach Beerdigungen gereicht wird (ostwestfälische Spezialität mit einem ordentlichen Schnaps zum schalen Kaffee). Sehr übersichtlich, aber um’s Essen ging’s ja auch nicht. Kuchen gab’s auch Sonntagnachmittags, wenn Mutter mal nicht selber gebacken oder keine Lust dazu hatte.
Und dann begann der Einstieg in das Übernachtungsgeschäft und die Gastronomie. Und man kann wirklich sagen, dass der Laden brummt.
Es wird auf jeden Fall versucht, lokale und regionale Spezialitäten auf die Karte zu bringen, wobei die ostwestfälische Küche ja nicht in aller Welt durch ihre lukullischen Qualitäten bekannt ist, sondern eher durch ihre Fleischlastigkeit. Und offen gestanden, hat ein Vegetarier es bis heute nicht leicht, wenn nicht gerade Spargelzeit ist.
Also, spätestens, wenn mein Vater den nächsten halbrunden Geburtstag feiert, werde ich wohl wieder bei Driehorst essen.
Na dann: Prost Mahlzeit!
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Nachtrag 02.12.07
Bevor mein Vater wieder zu Driehorst bitten konnte, traf eine andere Einladung zu Driehorstens mit unvermittelter Wucht ein. Am Samstag vor dem ersten Advent sollte es sein.
Zum Glück war meine Schwester dabei, die Garantie, dass ich mich unvermittelt würde mit ihr austauschen können.
Und das war auch gut so.
Driehorstens boten zwar wieder das gewohnte Büffet, kalt und warm, aber ich war dieses Mal ehrlich entsetzt, dass so vieles aus Eimer und Tüte geboten wurde. Das war sonst nicht so!
Die Salate waren immerhin frisch und selbst angerichtet, Vorsuppe, Saucen, Rotkohl und der Nachtisch aber nur mit chemischen Küchenhilfen auf Kurs gebracht. Schade, schade!

Und der Hammer traf mich, als ich vom Nasepudern zurück kehrte, und an der offenen Tür des Herren-WC vorbei spazierte. Neben dem Waschbecken hängt ein zweites, größeres mit größerem Abzugsrohr und Abstützvorrichtung für die Ellenbogen, wenn Mann sich tief hineinbeugen muss und den Göttern opfern will.
Prost Mahlzeit!
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Pyrmonter Straße 37
37671 Höxter
Tel. +49 5271 2301
http://www.gasthaus-driehorst.de/




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