24
Apr
08

Sinagoga Major Barcelona

Barcelona ist nicht erst seit den Olympischen Spielen eine internationale Stadt, auch Handel und Wandel um den Hafen brachten schon seit Jahrhunderten Besucher und Neubewohner in die Stadt. Auch die Römer waren schon da, sie, die sozusagen die „Globalisierung“ erfanden, indem sie durch militärische Eroberungen ihr „Weltreich“ rund um das Mittelmeer etablierten. In ihrem Gefolge fanden auch viele Anhänger vieler Religionen den Weg nach Barcelona. Ob bereits im 1. nachchristlichen Jahrhundert eine jüdische Gemeinde in „Barcino“, ist noch unbewiesen, aber nicht ganz unwahrscheinlich, auch wenn die ältesten schriftlichen Hinweise erst aus dem 8. Jahrhundert stammen. In den folgenden Jahrhunderten waren die Mitglieder der jüdischen Kultusgemeinde geachtete Händler, Kaufleute, Bankiers und Handwerker. Dieses änderte sich, auch in Barcelona. In der 2. Hälfte des 13. Jahrhunderts breitete sich auch im bis dahin recht kosmopolitischen Katalanien der Antisemitismus aus, der in Mitteleuropa bereits mit dem Aufruf zum 1. Kreuzzug 1095 erste Pogrome unter den jüdischen Mitbürgern nach sich gezogen und somit bereits blutige Geschichte geschrieben hatte.
Die Juden wurden allmählich in das eigene Stadtviertel gedrängt, katalonisch „Call“ genannt. Im Jahre 1391 erlebte Spanien eine Welle von Pogromen, begonnen hatte das Morden in Sevilla, Cordóba, Valencia, Toledo, am 5. August traf es dann auch die Gemeinde in Barcelona. Die Überlebenden flüchteten, ihr Eigentum wurde von der Krone eingezogen. Fürderhin blieb allen Juden Spaniens nur die recht eingeschränkte Wahl der christlichen Taufe oder der Auswanderung.
Reste des jüdischen Viertels finden sich in Barcelona zunächst nur in den Straßennamen: Carrer el Call, heute eine reizende Gasse mit netten Lädchen. Ein paar Schritte weiter, die Carrer St. Domenèc del Call, kaum breiter als ein Klafter gelangt man in die Carrer de Merlat zu den Resten der Sinagoga Major, der einzigen von ursprünglich vier Synogogen. Vor ein paar Jahren wurde das Haus, welches im Keller das Lager eines Elekroladens beinhaltete, von der „Associació Call de Barcelona“, einem privaten Verein, angekauft, nachdem ein Historiker hier die Lage der mittelalterlichen Synagoge lokalisiert hatte. Kleinere Ausgrabungen haben im Keller auch die Fundamente eines rechteckigen Gebäudes zutage gefördert, die in Richtung auf Jerusalem ausgerichtet war. Die Größe des geistlichen Gebäudes war durch die mittelalterlichen Bauvorschriften vorgegeben, so dass es im Grunde kaum gegenüber der umgebenden Profanbebauung auffiel. Selbst Fundamentreste, die in die römische Zeit datiert werden, scheinen die Gebäudeausrichtung der mittelalterlichen Synagoge vorwegzunehmen.
Nach der Vertreibung der Kultusgemeinde zog ein Färber in das Haus ein. Zwei steinerne Färberbottiche, in den Kellerboden eingesetzt, zeugen von diesem Handwerk. Lange blieben sie nicht, denn nach nur etwa sieben Jahren wurden sie, auch des jüdischen Glaubens verdächtigt, wieder vertrieben.

Reste des jüdischen Bades, der Mikwe, die den rituellen Reinigungen dienten, lagen ein paar Häuser weiter, heute in einem Möbel- und Einrichtungsgeschäft in der Banys Nous 10.
Am Ende der carrer de Merlat findet der aufmerksame Spaziergänger noch die Kopie einer mittelalterlichen Inschrift in hebräischen Schriftzeichen, die auf das Armenhospital hinweist.

Die Assocació hat dieses interessante Stück Barceloneser Stadtgeschichte für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht, gegen eine Spende von 2 Euro, die allerdings doch recht deutlich als Eintritt erhoben wird. Die Erklärungen werden auf spanisch, katalanisch oder englisch angeboten.
Ein Teil des Kellers wird heute wieder, wenn auch selten, für jüdische Feierlichkeiten genutzt, die ausgestellten Exponate sind aus ganz Europa zusammengetragen.

carrer Marlet 5, 08006 Barcelona
+34 93 3170790
calldebarcelona.org
http://calldebarcelona.org/eindex.html


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