Plötzlich ist es soweit. Es ist Heiligabend.
Als Kind habe ich richtig darauf hingefiebert, dass es endlich soweit ist. Meine Eltern, meine Oma, meine Tanten und die Großtante haben das volle Programm geboten.
Zuerst gab es die Bescherung für unsere „Kernfamilie“ im Wohnzimmer meiner Eltern in unserer Wohnung im ersten Stock des Hauses. Vorher war es tagelang abgeschlossen, der Schlüssel lag für meine Schwester und mich sichtbar, aber inhaltlich unerreichbar über dem Türstock. Und damals waren wir brav genug, den Stuhl nicht vor die Tür zu stellen, fix hochzuklettern und mal eben mit dem erbeuteten Schlüssel ins Wohnzimmer zu spitzen.
Wir mussten in den entscheidenden Stunden vor der Bescherung unten bei meiner Oma mit den Tanten zusammen zu Klavier, Querflöte, Geige und was wir sonst noch so an Instrumenten aufbieten konnten, Weihnachtsmusik spielen, gesungen wurde und Geschichten wurden ebenfalls vorgelesen. Tortur! Wir wollten doch endlich unsere Geschenke haben, wir kleinen Gierschlünder!
Per Glöckchenbebimmel wurde dann die Bescherung eingeläutet. Meine Schwester und ich stürmten die Treppe hoch, voller Erwartung. Die älteren Damen kamen gemessenen Schrittes hinterher. Und dann wurde die Tür geöffnet und dann kamen die Geschenke. Zwischendurch mussten noch zwei bis drei Weihnachtslieder gesungen werden, aber wir waren drin, im Wohnzimmer. Der Baum war illuminiert, zwei Elektroketten und ziemlich genau sieben echte Kerzen, die nur zur Bescherung entzündet wurden.
Wenn dann die erste Runde, nämlich die Geschenke meiner Eltern an uns und die restlichen Damen verteilt waren, wurde allmählich das Abendessen bereitet.
Bei uns war das Heiligabendessen eine klare Suppe mit Einlage, Rinderzung in Madeirasauce mit Reis und Dosenpfirsichen und als Nachtisch meist ein Eis.
Nach dem Essen ging die Familie geschlossen hinunter. Noch einmal wurde mindestens ein Weihnachtslied gesungen, alle zusammen. Und dann erklang das zweite Glöckchen, auf in die zweite Runde! Die Geschenke von Tanten, Oma und Großtante waren nun dran. Es gab einen zweiten Weihnachtsbaum, eine zweite Krippe. Und irgendwann war der Abend rum und alle konnten irgendwann hochzufrieden schlafen gehen.
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